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Politik: Ölkatastrophe und brennende Wälder

Die Kämpfe haben weitreichende Folgen für die Umwelt – auf beiden Seiten

Berlin - Immer noch ungehindert verseucht ein inzwischen etwa 100 Kilometer langer Ölteppich die Küste Libanons bis zur Grenze Syriens. Er entstand vor mehr als zwei Wochen – als Israel das rund 30 Kilometer südlich von Beirut gelegene Kraftwerk Dschije bombardierte und dabei zwei Öltanks zerstörte. Nach Schätzungen des UN-Öleinsatzzentrums für das Mittelmeer „Rempec“ flossen zwischen 10 000 und 35 000 Tonnen Schweröl ins Meer. Die Umweltorganisation WWF spricht von der vermutlich schwersten Ölkatastrophe im Mittelmeer. Doch Maßnahmen, um die Ölpest einzudämmen, konnten bislang nicht eingeleitet werden – die militärischen Kämpfe sowie die See- und Luftblockade machen Hilfsaktionen unmöglich.

Dennoch kein Grund zur Panik, sagt der Fachbereichsleiter für Schiffsunfälle und Schadstoffbekämpfung beim Havariekommando in Cuxhaven, Ulf Bustorff. „Der Ölteppich ist inzwischen am Ufer, und ob er da noch sechs Wochen liegt, ist fast egal“, so der Experte im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Das Schweröl werde vom Sand festgehalten, verklumpe und härte aus, so dass es später relativ leicht beseitigt werden könne. Allerdings gehe es um eine Größenordnung von mehreren hunderttausend Tonnen verschmutzten Sandes, räumte Bustorff ein. Seine Abteilung bereitet sich derzeit auf einen möglichen Einsatz im Libanon vor, nachdem die libanesische Regierung Deutschland und die EU um Hilfe gebeten hatte. Voraussetzung sind jedoch ein Ende der Kampfhandlungen und ausreichende Sicherheitsgarantien. Dann werde eine Expertenteam zur Erkundung hinuntergeschickt, sagte Bustorff. Es hänge nicht zuletzt von der Infrastruktur vor Ort ab, wie schnell der Schaden behoben werden könne. Und um die ist es nicht gerade gut bestellt.

Der Greenpeace-Experte Jörg Feddern geht davon aus, dass die Säuberung bis zu einem Jahr dauern könnte. Er wies darauf hin, dass die Beseitigung des Öls in den Bereichen der Stein- und Geröllküste „extrem schwierig“ sei. Nach Ansicht des WWF-Meeresforschers Stephan Lutter ist das empfindliche Ökosystem in der Region höchst gefährdet. Die Ölkatastrophe bedrohe zahlreiche Fischlaiche, den durch Überfischung eh stark dezimierten Bestand des Roten Thunfischs sowie die Niststände der vom Aussterben bedrohten Grünen Meeresschildkröte. Die Umweltorganisationen befürchteten zudem, dass sich die Ölpest bis zu den Küsten Zyperns und der Türkei ausdehnen könnte. Dem widersprechen jedoch die Computerprognosen von „Rempec“: Rund 80 Prozent des Öls seien an die libanesische Küste gespült worden, 20 Prozent verdunstet und lediglich 0,08 Prozent trieben im Meer. Doch noch immer brennt einer der Öltanks des Kraftwerks. Wenn dieser explodiert, könnten zusätzlich mehrere tausend Tonnen Öl ins Meer fließen.

Auch in Israel haben Naturschützer Alarm geschlagen. Im Norden des Landes, der Region Galiläa, verursachen die Katjuscha-Raketen der libanesischen Hisbollah-Miliz riesige Waldbrände. Nach Angaben des jüdischen Nationalfonds Keren Kayemeth Leisrael sind inzwischen über 700 Hektar Wald und etwa 1500 Hektar Naturlandschaft vernichtet worden. „Die Wiederaufforstung wird sicher 20 Jahre dauern“, sagte Keren Muhs vom Nationalfonds. Rund um die Uhr seien derzeit Löschkräfte im Einsatz, jedoch immer wieder behindert durch permanenten Beschuss. Seit Kriegsbeginn vor drei Wochen hat die Hisbollah rund 1500 Raketen auf Israel abgefeuert. Und noch ein Problem gibt es: „Was wir an Löschwasser verbrauchen, ist eine Todsünde angesichts der Wasserknappheit in Israel“, so Muhs. Es sei Wasser, das eigentlich für die Bewässerung der Landwirtschaft vorgesehen war. Der daraus entstehende zusätzliche Schaden für die Region ist noch nicht absehbar.

Karin Wollschläger

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