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Politik: Oppositionschefin Ministerpräsident

Als Helmut Kohl am 22. Dezember 1999 die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ auf den Tisch bekommt, muss ihn fast der Schlag getroffen haben.

Als Helmut Kohl am 22. Dezember 1999 die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ auf den Tisch

bekommt, muss ihn fast der Schlag getroffen

haben. In einem harmlos „Gastbeitrag“ betitelten

Pamphlet fordert die CDU-

Generalsekretärin Merkel die Abnabelung der Partei vom Über-Vater. Der Artikel sollte den Spendensünder Kohl in die Wüste schicken und den ebenfalls unglücklich ins Spendenwesen verwickelten Parteichef

Wolfgang Schäuble gleich hinterher. Die schüchtern in die Regionalkonferenzen hineinwinkende

Ostdeutsche bietet sich der CDU als Retterin an.

Zwei Jahre später ist es mit ihr fast vorbei. Im

Magdeburger Hotel „Herrenkrug“ versammelt sich die CDU-Spitze zur Schlachtung. Roland Koch hat sogar seinen Skiurlaub unterbrochen. Der Hesse und die übrige Männergarde des informellen „Andenpakts“ ist fest entschlossen, eher die eigene Parteichefin zu stürzen als ihr die Kanzlerkandidatur zu überlassen. Aber Merkel ist schneller. Morgens taucht sie bei Edmund Stoiber in Wolfratshausen auf und legt ihm die Kandidatur auf den Frühstückstisch. Der taktische Rückzug erwies sich als Meisterstück. Stoiber scheitert, Merkels Weg ist frei. Und die Jungs haben nie mehr was zu lachen. Als Erstem vergeht es Friedrich Merz (im Bild). Sie nimmt dem Westfalen sofort den Fraktionsvorsitz ab. Merkel hat die CDU inzwischen gut genug verstanden, um zu wissen, dass sie für den nächsten Anlauf die ganze Macht in dieser Macht-Partei braucht. Von da an sollen noch viele ehrgeizige Männer bitter lernen, dass es nicht klug ist, sich mit der Nummer eins anzulegen. Auch dann nicht, wenn die Nummer eins Hosenanzug trägt.

1998 holt ihn Wolfgang Clement zurück nach Nordrhein-Westfalen. Bodo Hombach wechselt in Gerhard Schröders Kanzleramt, der neue Düsseldorfer Regierungschef braucht einen Wirtschaftsminister. Steinbrück erfüllt Clements Erwartungen, die beiden arbeiten wie politische Zwillinge (im Bild). Den Ruhrgebietsgenossen ruft er zu: „Die

Förderpolitik mit der

goldenen Mohrrübe ist vorbei“, ein erster

Warnruf für alle, die auf unendlich sprudelnde Subventionen hofften. Nun wird viel von den „neuen Spielregeln der globalisierten Welt“ geredet. Die grünen Partner stöhnen, weil entweder Clement oder Steinbrück sie mit den Themen Braunkohle, Flughäfen oder Autobahnen traktieren. Beide wollen NRW modernisieren und aufholen, was ihrer Meinung nach unter Rau liegen geblieben ist. Als Clement 2002 im Bund zum Superminister für Wirtschaft und Arbeit befördert wird, steht außer Frage, wer sein Nachfolger wird: Peer Steinbrück. Obwohl er bis heute auf Parteitagen nur selten jenen Wärmestrom erzeugt, den viele Genossen brauchen, wählen sie ihn an die Spitze.

Rasch gibt es neuen Ärger: Weil Schröder die SPD neu positionieren will und FDP-Mann Jürgen

Möllemann den Sozialdemokraten in Düsseldorf

Avancen macht, lässt er Steinbrück von der Leine.

Der soll die Grünen aus der Koalition drängen und

eine Neuauflage der sozialliberalen Verbindung am Rhein testen. Das gelingt am Ende nicht, auch weil Schröder Steinbrück in der entscheidenden Phase alleine lässt. Am Ende raufen sich Rote und Grüne noch einmal zusammen. Als die Arbeitslosenzahl nach den Hartz-Reformen 2005 auf über fünf

Millionen schnellt, ist der Wahlkämpfer Steinbrück verloren, er verliert gegen Jürgen Rüttgers.

Damit enden 39 Jahre SPD- Vorherrschaft in NRW;

Steinbrück wird aus dem ererbten Amt gewählt.

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