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Politik: Ostdeutsche Wirtschaft: Thierse: Der Osten könnte die ganze Republik gefährden

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat erneut vor einer wirtschaftlichen Stagnation in Ostdeutschland gewarnt. Bleibe in den neuen Ländern der selbsttragende Aufschwung aus, müsse bei einer Rezession im Osten mit schwer beherrschbaren sozialen und politischen Problemen gerechnet werden, sagte er in Leipzig auf einem Kongress des Forums Ostdeutschland der SPD.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat erneut vor einer wirtschaftlichen Stagnation in Ostdeutschland gewarnt. Bleibe in den neuen Ländern der selbsttragende Aufschwung aus, müsse bei einer Rezession im Osten mit schwer beherrschbaren sozialen und politischen Problemen gerechnet werden, sagte er in Leipzig auf einem Kongress des Forums Ostdeutschland der SPD. "Ein abgehängter Osten mag zu schwach sein, diese Republik zu gefährden, beschädigen kann er sie durchaus." Die Diskussion um den weiteren Aufbau Ost müsse jetzt geführt werden, "egal, aus welcher Richtung die Vorschläge kommen". Thierse war jüngst wegen seiner Äußerung, Ostdeutschland stehe sozial und wirtschaftlich auf der Kippe, aus den eigenen Reihen und von ostdeutschen Unions-Ministerpräsidenten heftig attackiert worden.

Der Sprecher der Bundestags-Grünen für die neuen Länder, Werner Schulz, kritisierte die Milliarden-Forderungen ostdeutscher Ministerpräsidenten. Der Chemnitzer "Freien Presse" sagte er, es müsse zunächst festgelegt werden, was die Länder mit dem Geld vorhätten. Stattdessen höre er immer nur "fantasielose Forderungen" nach einer Verbesserung der Infrastruktur. Viel wichtiger wäre aber der Ausbau der Forschungslandschaft, betonte der Grünen-Politiker: "Das ist die Chance des Ostens." Die Ostdeutschen müssten genau belegen, wie das Geld verwendet werde. Es gebe für sie so etwas wie eine Bringeschuld gegenüber dem Westen. "Sonst hätten wir gleich wieder die Diskussion über die ostdeutschen Milliardengräber."

Zuletzt hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) den Finanzbedarf für den Aufbau Ost auf 500 Milliarden Mark verteilt auf zehn Jahre beziffert. Dazu zählten "300 Milliarden in der Infrastruktur, 100 Milliarden für die Wirtschaftsförderung - plus Gelder zum Ausgleich der mangelnden Finanzkraft der Ost-Kommunen". Entsprechende Zahlen hatten im Vorjahr einige Wirtschaftsforschungsinstitute im Auftrag der Ost-Ministerpräsidenten errechnet, um eine ungefähre Vorstellung über den Rückstand bei der Infrastruktur gegenüber den westdeutschen Ländern zu erhalten. Thüringens Regierungschef Bernhard Vogel (CDU) hatte die Debatte eröffnet, als er 40 Milliarden Mark Soforthilfe bis 2004 forderte.

Nach Ansicht der Bundeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Eva-Maria Stange, droht Ostdeutschland eine "Bildungskatastrophe". Sie begründete dies auf einer Fachtagung in Halle mit dem künftigen Lehrermangel. Hinzu komme eine im Westvergleich unzureichende Vergütung. Stange forderte von den Ost-Landesregierungen eine schnelle Angleichung bei der Bezahlung und attraktive Arbeitsbedingungen, damit junge Leute im Land blieben.

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