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Politik: Osttimors Präsident schwer verletzt

Zweites Attentat auf den Premier / Täter offenbar Anführer der Militärrevolte vor zwei Jahren

Die Attentäter kommen vor dem Morgengrauen zur kaum geschützten Residenz von Osttimors Präsident Jose Ramos- Horta. Der Friedensnobelpreisträger wohnt in der Hauptstadt Dili hinter dünnen Bambuszäunen, steht früh auf und geht dann gerne ein paar Schritte spazieren. Als Schüsse fallen, erwidern Sicherheitsbeamte das Feuer. Zwei Angreifer, darunter ein berüchtigter Rebell, sterben im Kugelhagel. Aber auch der Präsident und ein Wächter werden getroffen. Beide sind schwer verwundet.

60 Minuten später soll Osttimors Premierminister getötet werden. Xanana Gusmaos Haus liegt südlich von Dili an einer Straße in die Berge, es steht an einem Steilhang auf einem hohen Steinfundament und ist schwierig anzugreifen. Deshalb warten die Attentäter unterhalb am Straßenrand. Das Tor zur Einfahrt öffnet sich, eine Fahrzeugkolonne samt Premier und Leibwächtern rollt die Straße herab, die Angreifer schießen. Doch sie haben nur Sekunden Zeit, weil alle Fahrer Vollgas geben. Niemand wird getroffen.

„Trotz der Angriffe und der Verwundung des Präsidenten hat der Staat die Kontrolle behalten“, sagt Premier Gusmao. Derweil wird Präsident Ramos- Horta mit Einschüssen in Bauch und Brust auf einem Militärstützpunkt notoperiert. Weil es im armen Osttimor kein gutes Krankenhaus gibt, wird der Präsident umgehend nach Australien geflogen. Zunächst ist von einem „kritischen“, dann von einem „ stabilen“ Zustand die Rede. „Ich hoffe auf vollständige Erholung“, meint der Arzt Len Notaras.

Die Schüsse in Osttimor sind die jüngsten Vorfälle einer zwei Jahre dauernden Krise. 2006 beschwerten sich 594 Soldaten – ein Drittel der Armee – über angebliche Diskriminierung bei Beförderungen. Die Gruppe desertierte und wurde später aus der Armee entlassen. Fast alle Deserteure stammen aus dem Westen, die Armee-Führung dagegen aus dem Osten. Einer Demonstration folgten Unruhen mit Dutzenden Toten. 150 000 Menschen flohen vor der Gewalt. Auch die Polizei zerbrach. Übrig blieben eine Westpolizei und eine Ostarmee, die einander beschossen. Die Regierung stürzte, Truppen aus Australien kamen und beendeten das Chaos. 2007 brachten Wahlen eine neue Regierung, es wurde ruhiger. Aber das Problem der Deserteure blieb ungelöst. Ihre Anführer, Ex-Major Alfredo Reinado und Ex-Leutnant Gastao Salsinha, hielten sich weiter mit bewaffneter Gefolgschaft in den Bergen versteckt.

Präsident Ramos-Horta und Premier Gusmao wollten einen Dialog mit Alfredo, Vermittler führten Gespräche. Doch der abtrünnige Soldat lehnte es ab, sich einem zivilen Gericht zu stellen. Stattdessen forderte er für sich und seine Truppe die straflose Rückkehr in die Armee. „Ich werde meine Männer nach Dili führen, die Situation wird schlimmer als je zuvor“, drohte Alfredo vor drei Monaten. Nach Regierungsangaben waren es Alfredo und einige seiner Männer, die auf Ramos-Horta schossen. Alfredo sei getötet worden. Nach Presseberichten leitete Salsinha den Angriff auf Gusmao.

Den Attentaten könnten kurzfristig Gewalt – und mittelfristig mehr Stabilität folgen. Der getötete Alfredo war für arbeitslose Jugendliche ein Held. Jugendbanden taten es ihm nach. Sie zündeten Häuser und Autos an, warfen Steine und schossen mit giftigen Pfeilen. Von diesen Banden ist nun Krawall zu erwarten, deshalb wurde ein Ausnahmezustand und eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. Allerdings dürften Osttimors Gewalttäter auch Sympathien verloren haben. Premier und Präsident sind demokratisch gewählt und setzen sich unermüdlich für ihr Land ein. Die Attentate dürften die Rebellen politisch isoliert haben.

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