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Pakistan: Sieg bei Roter Moschee verschafft Musharraf Luft

Im einwöchigen Nervenkrieg um die Rote Moschee bewies Pakistans Präsident Musharraf Besonnenheit und ließ erst zuschlagen, als es nicht mehr anders ging. Damit dürfte er auch an der Heimatfront gepunktet haben.

Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf bezeichnet sich in seiner Selbstbeschreibung im Internet als "Lucky", der Glückliche. Eine glückliche Hand allerdings hat der Militärmachthaber in den Monaten vor dem Sturm auf die Rote Moschee nicht bewiesen. An der politischen Front stand der Präsident der Atommacht Pakistan angesichts zahlreicher schwelender Konflikte unter Dauerbeschuss. Manche Beobachter in Islamabad sahen am Horizont bereits Anzeichen für ein mögliches Ende seiner Ära heraufziehen. Die Krise um die Rote Moschee hat Musharraf nun zumindest etwas Luft verschafft.

Im einwöchigen Nervenkrieg mit den Fanatikern im Zentrum der Hauptstadt agierte der Staatschef nach Ansicht westlicher Landeskenner nicht ungeschickt. Statt von Anfang an mit Brachialgewalt vorzugehen, gab er den Extremisten immer wieder Gelegenheit, die Moschee zu verlassen und sich zu ergeben. Das Ultimatum wurde mehrfach verlängert. Soldaten versuchten in lebensgefährlichen Operationen, Geiseln aus dem Gebäudekomplex der Koranschulen zu befreien. Den Sturm des Gotteshauses ordnete Musharraf erst an, als die Islamisten sich auch nach einer Woche Belagerung nicht aushungern ließen und alle Warnungen über die Folgen ihrer Unnachgiebigkeit in den Wind schlugen.

Musharraf bewies, dass er notfalls hart zuschlagen kann

Musharraf bewies Besonnenheit, was ihm an der Heimatfront Pluspunkte eingebracht haben dürfte. Zugleich blieb er gegenüber den radikalislamischen Kämpfern kompromisslos in seiner Forderung nach bedingungsloser Kapitulation und bewies am Schluss, dass er notfalls hart zuschlagen kann. Besonders in Washington, wo an der Zuverlässigkeit Musharrafs im Anti-Terror-Kampf in den vergangenen Monaten wiederholt Zweifel geäußert worden waren, wird das mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen worden sein.

Mit dem Tod von Abdul Rashid Ghazi bei der "Operation Stille" und mit der Festnahme von Abdul Aziz hat Musharraf zudem zwei prominente Kritiker seiner Regierung aus dem Islamistenlager zum Verstummen gebracht. Seit dem Frühjahr provozierten die beiden Brüder, die die Rote Moschee seit dem Tod ihres Vaters Ende der 90er Jahre führten, den ihnen verhassten Präsidenten mit immer dreisteren Aktionen. Ihre Anhänger führten sich in Islamabad fast wie die einstige Sittenpolizei der Taliban auf, während Musharraf versuchte, Pakistan im Ausland als moderaten islamischen Staat zu porträtieren.

Islamisten in der Moschee hatten keine landesweite Unterstützung

Die beiden Brüder überreizten nun ihr Blatt - sie dürften auf landesweite Unterstützung durch andere Islamisten gehofft haben. Doch selbst manchem radikalen Glaubensbruder gingen Methoden wie Geiselnahmen von Kindern und Frauen zu weit. Westliche Beobachter rechnen zwar auch in Zukunft mit Anschlägen radikaler Muslime, zu denen es in Pakistan regelmäßig kommt, und auch mit Vergeltungsaktionen für den Sturm auf die Moschee - aber nicht mit einem Flächenbrand. "Das Land verkraftet das", sagt ein Experte.

Musharraf dürfte der Zeitpunkt der Krise nicht ganz ungelegen gekommen sein - und die Tatsache, dass die Rote Moschee seine anderen gewaltigen Probleme in den Hintergrund drängte. Ein Treffen der Oppositionsparteien in London, auf dem am Wochenende der Rücktritt des Militärmachthabers gefordert wurde, fand kaum Beachtung. Auch die seit März andauernde schwere Staatskrise, die Musharraf mit der Suspendierung des höchsten Richters des Landes wegen angeblichen Amtsmissbrauches auslöste, war während des Konflikts um die Rote Moschee kaum noch ein Thema.

Allerdings dürfte der Machthaber von seinen Problemen schon bald wieder eingeholt werden. Im kommenden Winter stehen Parlamentswahlen an. Der Präsident, dessen Sympathiewerte im Volk besonders seit der Suspendierung des Richters in den Keller gerutscht sind, befürchtet, seine Mehrheit zu verlieren. Daher will er sich vorsichtshalber schon im Herbst vom alten Parlament für eine volle Legislaturperiode als Präsident wiederwählen lassen. Nicht nur die Opposition hält diesen Plan für kaum vereinbar mit demokratischen Grundsätzen - Musharrafs zahlreiche Gegner laufen gegen die Wiederwahl Sturm. (mit dpa)

Ein Kommentar von Can Merey[dpa]

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