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Palästina-Aktivisten: Flottille auf dem Weg nach Gaza

Eine zweite internationale Blockadebrecher-Flottille will ab Dienstag im östlichen Mittelmeer die Fahrt nach Gaza aufnehmen. Die israelische Regierung will sie stoppen. Droht eine erneute Eskalation?

Neun Schiffe sollen aus griechischen Mittelmeerhäfen auslaufen und südöstlich von Zypern mit einem bereits aus Frankreich gestarteten französischen Boot – mit nur fünf Passagieren an Bord – sowie möglicherweise weiteren Schiffen am Donnerstag oder Freitag zusammentreffen und gemeinsam Gaza ansteuern. Vor einem Jahr gab es bei dem Versuch einer von türkischen Islamisten angeführten Hilfsgüter-Flottille, die israelische Seeblockade vor dem Gazastreifen zu durchbrechen, neun Tote. Israelische Marinekommandos erschossen türkische Aktivisten, die sich gegen die Enterung der „Mavi Marmara“ gewehrt hatten und von denen sie sich bedroht fühlten.

Seither herrschte Eiszeit zwischen Ankara und Jerusalem. Jetzt aber hat die türkische Regierung ihre Unterstützung für die Flottille zurückgezogen und verbietet das Auslaufen der Schiffe aus türkischen Häfen. Die Islamisten-Organisationen haben auf eine Teilnahme verzichtet. Das mittelgroße Flaggschiff „Mavi Marmara“ bleibt zu Reparaturarbeiten im Hafen.

Deshalb werden wohl nur zehn bis zwölf Schiffe, kleinere Personen- und zwei Frachtschiffe, den Versuch unternehmen, die Blockade vor dem Gazastreifen zu durchbrechen. Gemäß israelischen Informationen werden sich rund 350 Passagiere aus 22 Ländern, meist Westeuropäer, Nordamerikaner und Palästinenser, als Blockadebrecher versuchen. Es handelt sich bei ihnen meist um propalästinensische Aktivisten, Hamas-Sympathisanten, aber auch um Menschenrechtsaktivisten sowie um 30 bis 50 Journalisten. Sie wollen, gemäß ihren eigenen Verpflichtungen, im Extremfall nur passiven Widerstand leisten.

Auch ein deutsch-schweizerisches Schiff der „Deutschen Initiative zum Bruch der Gazablockade“ mit insgesamt zehn Deutschen an Bord soll aus Athen starten. Auf der Passagierliste stehen unter anderem Elfi Padovan, Mitglied des Kreisvorstands der Linkspartei in München, der freie Journalist Martin Lejeune, außerdem ein Aktivist des globalisierungskritischen Bündnisses Attac und mehrere Ärzte. Nach Angaben der Initiative transportiert das Schiff vor allem Medikamente und von der Berliner Initiative „Zement für Gaza“ finanzierte Zementsäcke. Gesteuert wird das Boot von einem deutschen Kapitän namens Harald Lester Herrmann.

Israels Marine hat sich seit längerem auf eine neue Flottille vorbereitet und zahlreiche Manöver und Übungen seines Elite-Kommandos durchgeführt. Das Sicherheitskabinett bewilligte am Montag nach mehrtägigen Beratungen das Konzept und die Detailpläne der Marine. Am Vortag hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dieser den Befehl erteilt, ein Durchkommen der Flottille nach Gaza notfalls unter Gewaltanwendung zu verhindern. Israel hatte nach dem Zwischenfall vor einem Jahr die Warenblockade des von der radikalislamischen Hamas beherrschten Gazastreifens erheblich gelockert. Das neue ägyptische Regime öffnete zudem vor einigen Wochen den Grenzübergang bei Rafah für den Personenverkehr. Deshalb schlossen sich die meisten ausländischen Regierungen der israelischen Argumentation an, dass kein humanitärer Notstand in Gazastreifen herrsche. Die Aufrechterhaltung der Seeblockade begründet Israel mit der Verhinderung von Waffenschmuggel.

Jerusalem einigte sich nun mit Kairo, dass die Frachtschiffe der Flottille im ägyptischen Hafen el-Arish an der Nordküste der Sinaihalbinsel ihre Ladungen (Zement und medizinische Hilfsgüter) löschen können, wo sie kontrolliert und danach auf dem Landweg in den Gazastreifen transportiert werden sollen. Der Chef des Pressebüros der israelischen Regierung (GPO), Oren Helman, drohte in einem Schreiben an die Auslandskorrespondenten damit, dass auf den Blockadebrecher-Schiffen mitreisende Journalisten verhaftet, ausgewiesen und mit einem Einreiseverbot für zehn Jahre belegt würden.

Die Auslandspressevereinigung FPA protestierte heftig, israelische Medien schlossen sich ihr an. Ministerpräsident Netanjahu, der seinerseits von der GPO-Drohung – und wohl vor allem von der heftigen Reaktion auf diese – überrascht worden war, ordnete daraufhin eine Überprüfung der Angelegenheit an.

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