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Palästinensergebiete: Blutige Eskalation

Die Kämpfe zwischen Fatha und Hamas sind weiter eskaliert. Seit Donnerstag starben mindestens 22 Menschen bei gewalttätigen Auseinandersetzungen. Ein elfjähriger Junge kam bei einer Schießerei ums Leben.

Gaza/Ramallah - In der Nacht zum Sonntag kamen nach Angaben von Ärzten und Sicherheitskräften ein elfjähriger Junge und ein Mitglied der radikalislamischen Hamas ums Leben. Die regierende Hamas und die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas schoben sich gegenseitig die Verantwortung für die neuerliche Eskalation des Machtkampfes zu. Die Hamas hatte am Freitag die Gespräche mit der Fatah über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit abgebrochen.

Der elfjährige Junge wurde in seinem Elternhaus in Gaza erschossen, als sich Hamas-Aktivisten einen Schusswechsel mit seinem der Fatah angehörenden Vater lieferten, wie Sicherheitskräfte mitteilten. Der Hamas-Aktivist kam durch die Explosion einer Mine ums Leben, die er vor dem Sitz des palästinensischen Geheimdienstes im nördlichen Gazastreifen ablegen wollte. Sein Begleiter wurde schwer verletzt.

Chaos auf den Straßen

Seit Donnerstagabend lieferten sich die rivalisierenden Palästinenser in den engen Gassen von Gaza Schusswechsel und feuerten Mörser und Granaten ab. Nach Angaben von Ärzten und Augenzeugen starben im gesamten Gazastreifen mindestens 22 Menschen, darunter ein zweijähriges Kind. Rund 50 weitere Menschen wurden verletzt. Sicherheitskräften wurden zudem insgesamt 19 Hamas- und Fatah-Anhänger verschleppt. Das öffentliche Leben kam in der dicht besiedelten Stadt Gaza fast vollständig zum Erliegen.

Ausgelöst wurde die neue Gewaltwelle durch einen Angriff auf die Exekutivkräfte der Hamas am Donnerstag. Die Auseinandersetzungen eskalierten am Freitagabend, als Fatah-Anhänger eine Panzerabwehrrakete auf das Haus des Hamas-Außenministers Mahmud Sahar in Gaza abfeuerten. Die Hamas rächte sich unter anderem mit Mörser- und Raketenangriffen auf den Chef mehrerer Sicherheitsdienste, Raschid Abu Schabak.

Die Hamas warf der Fatah in einer Erklärung vor, einen "Bürgerkrieg" anzetteln zu wollen. "Sie wollen keinen Dialog über die nationale Einheit. Sie wollen nur Morde, Spaltung und Frustration hervorrufen." Die Fatah erwiderte, die Hamas trage die Verantwortung für das Ende des Dialogs und die jüngsten Ereignisse. Aus Protest gegen die Gewalt gegen ihre Anhänger hatte die Hamas am Freitag den Dialog mit der Fatah auf Eis gelegt.

Das Volk ist der Verlierer

Die Arabische Liga rief die Palästinenser zum sofortigen Ende der Kämpfe auf. Das palästinensische Volk sei "der große Verlierer" des internen Machtkampfes, erklärte ein Mitarbeiter von Generalsekretär Amr Mussa am Samstag in Kairo.

Die Spannungen zwischen Fatah und Hamas hatten sich nach der Ankündigung von Neuwahlen durch Abbas Mitte Dezember dramatisch zugespitzt; bei Kämpfen im Dezember und Januar wurden mehr als 30 Menschen getötet. Anschließend hatten Abbas und Regierungschef Ismail Hanija ein Ende der Gewalt angekündigt. Die Palästinensergebiete stecken in einer schweren Krise, seit die USA und die EU nach dem Antritt der Hamas-Regierung ihre Gelder für die Autonomiebehörde gestrichen hatten. Die Regierung kann seitdem die Beamtengehälter nur noch sehr eingeschränkt auszahlen.

Ein Vertrauter von Abbas, Rafik al-Husseini, kündigte am Samstag die Zahlung eines Monatsgehalt an die Sicherheitskräfte an. Außerdem sollten die Beamten, deren Gehalt mehr als 600 Dollar betrage, ein Monatsgehalt bekommen. Das Geld stamme größtenteils aus einer israelischen Überweisung in Höhe von 100 Millionen Dollar aus einbehaltenen Zoll- und Steuereinnahmen. Die Europäische Union werde ab Sonntag die Gehälter von rund 80.000 Angestellten des öffentlichen Dienstes direkt bezahlen. (tso/AFP/dpa)

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