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Airberlin: Paradebeispiel einer kaputten sozialen Marktwirtschaft

Die Bundesregierung geißelt den Protektionismus eines Donald Trump. Sie hat reichlich Grund, vor der eigenen Haustür zu kehren, wie der Fall Airberlin zeigt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Das Scheitern der Fluggesellschaft Air Berlin lehrt viel über Luftfahrt, Unternehmertum und Großmannssucht. Es lehrt auch einiges über das Verständnis der Marktwirtschaft in Deutschland.Die Luftfahrtbranche ist schwierig. Neustarter müssen viel Geld, Energie und Geduld mitbringen, wenn sie Erfolg haben wollen. Flugmaterial, Mitarbeiter, Start- und Landerechte sind teuer, die Regulierungskosten sind hoch, der Preiswettbewerb ist hart. Es braucht ein gesundes Selbstbewusstsein, um gegen die Platzhirsche anzutreten. Gelegentlich überschätzt man sich. Dann geht die Sache gründlich schief – wie bei Air Berlin.

Die soziale Marktwirtschaft beruht auf wenigen einfachen Prinzipien. Eines der wichtigsten ist der Wettbewerb. Alle sollen nach denselben Spielregeln gegeneinander antreten. Der Staat bestimmt nur über die Spielregeln, und er verhindert zu starke Marktmacht und Monopole. Ansonsten hält er sich heraus. Der Fall Air Berlin zeigt aber, wie korrupt das Verständnis der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland heute ist.

Dass die Bundesregierung den hoffnungslosen Fall im Sommer mit 150 Millionen Euro unterstützte, wurde schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Wahlkampf eben, Urlaubszeit, da lässt man doch niemanden in Mallorca stehen. Dass das Bundeswirtschaftsministerium dann die Lufthansa als Favoritin für die Übernahme der Reste aussuchte, regte auch niemanden auf. Standort Deutschland, starke Heimatmarke, da muss man doch etwas tun.

Der Staat will die Wirtschaft direkt steuern, anstatt sie nur zu kontrollieren. Damit aber beschädigt er nicht nur den Gencode der sozialen Marktwirtschaft. Er schadet dem Wettbewerb – und den eigenen Bürgern. Denn nun werden sie auf einigen Strecken einem übermächtigen Unternehmen begegnen. Das war früher einmal ein Staatskonzern – und lebt heute in schönster Symbiose mit der Wirtschaftspolitik. Die Bundesregierung geißelt den Protektionismus eines Donald Trump. Sie hat reichlich Grund, vor der eigenen Haustür zu kehren.

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