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Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil, Außenministerin Annalena Baerbock, Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (v. l. n. r.)

© picture alliance / photothek/Janine Schmitz

Pension trotz vorzeitigem Regierungs-Aus: Bund der Steuerzahler kritisiert hohe Versorgungsansprüche von Habeck, Heil & Co.

Die bisherigen Bundesminister scheiden vor Ende ihrer vollen Amtszeit aus dem Kabinett aus. Eine Pension von mindestens 4990 Euro erhalten sie trotzdem – nur einer hat keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt. 

Stand:

Nach der Zustimmung der SPD-Mitglieder ist eine der letzten Hürden für die Neuauflage einer schwarz-roten Koalition beseitigt. Am Dienstag will sich Friedrich Merz als Kanzler wählen lassen und seinen Amtseid im Bundestag abgeben – genauso wie seine 17 Ministerinnen und Minister.

Die mittlerweile nur noch geschäftsführend tätigen 14 Kabinettsmitglieder von Olaf Scholz scheiden fast alle aus – und zwar vor Ablauf ihrer regulären Amtszeit von vier Jahren. Verlieren Habeck, Heil & Co. deswegen ihre Pensionsansprüche?

Bundesminister haben laut Bundesministergesetz umfangreiche Versorgungsansprüche: Während ihrer Amtszeit erhalten sie monatlich rund 17.990 Euro. Nach dem Ausscheiden aus der Regierung steht ihnen ein Übergangsgeld von etwa 81.000 Euro zu. Es wird allerdings maximal für zwei Jahre gewährt und ab dem zweiten Monat mit privaten Einkünften verrechnet.

Ruhegehalt in der Regel erst nach vier Jahren Amtszeit

Wer mindestens vier Jahre lang Bundesministerin oder Bundesminister war, erhält mit Erreichen der Regelaltersgrenze (mit Abschlägen auch früher) zudem eine Pension von rund 4990 Euro pro Monat. Mit jedem weiteren Jahr als Regierungsmitglied steigt die Pension um weitere 430 Euro monatlich, bis maximal 12.908 Euro.

Es geht um Fairness gegenüber Millionen Beitragszahlern und ein Ende der Privilegienpolitik.

Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler

Beim Bund der Steuerzahler hält man das für aus der Zeit gefallen. „Dass Bundesministerinnen und -minister nach vier Jahren Amtszeit einen lebenslangen Ruhegehaltsanspruch erwerben, ist ein Relikt aus der Vergangenheit“, sagte Präsident Reiner Holznagel dem Tagesspiegel. Zwar gelte diese Regel nicht bei kurzen Amtszeiten – aber auch dann griffen üppige Übergangsgelder, die weit über dem lägen, was angemessen sei. „Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler sind diese Sonderregelungen nicht mehr vermittelbar.“

Der Bund der Steuerzahler ist eine Lobbyorganisation mit Sitz in Berlin. Der Verein tritt für den Abbau von Bürokratie und Staatsverschuldung sowie eine sparsame Verwendung von Steuergeldern ein.

Pension trotz vorzeitigem Ampel-Aus 

Nach dem Ampel-Bruch im November, Neuwahlen im Februar und der (voraussichtlichen) Vereidigung der neuen Regierung am Dienstag waren die meisten scheidenden Ministerinnen und Minister nur gut drei Jahre im Amt. Nur Arbeitsminister Hubertus Heil, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Bundeskanzler Olaf Scholz dienten bereits in der schwarz-roten Koalition von Angela Merkel.

Der Anspruch der anderen erlischt trotzdem nicht. Da der Bundestag dem Kanzler das Misstrauen ausgesprochen hat und die anderen zwölf Minister – bis auf einen – ununterbrochen mehr als zwei Jahre im Kabinett gewesen sind, gilt das laut Paragraf 15 Bundesministergesetz als eine Amtszeit von vier Jahren.

Damit haben auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne), Umweltministerin Steffi Lemke (SPD), Bauministerin Clara Geywitz (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) Anspruch auf ein Ruhegehalt. Sie alle erhalten mindestens eine Pension von 27,7 Prozent ihres Amtsgehalts.

Ihre Entlassungsurkunden haben der Kanzler und seine 14 Ministerinnen und Minister vom Bundespräsidenten schon erhalten. Bis voraussichtlich Dienstag bleiben sie geschäftsführend im Amt.

© Michael Kappeler/dpa

Manche Kabinettsmitglieder haben zudem bereits Versorgungsansprüche aus ihrer Zeit als Landesminister erworben. Darunter Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als Umwelt- und Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, Svenja Schulze als Forschungsministerin in NRW sowie Volker Wissing (parteilos) als Wirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz. Auch der bisherige und künftige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dürfte mit seiner zehnjährigen Amtszeit als niedersächsischer Innenminister auf Versorgungsansprüche von mehr als 10.000 Euro kommen.

Kukies und FDP-Minister ohne Ansprüche

Reiner Holznagel fordert ein Ende dieser Praxis. „Kabinettsmitglieder sollten – wie alle anderen auch – in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen“, sagt der Präsident des Bundes der Steuerzahler. Außerdem müssten die überdimensionierten Übergangsgelder deutlich gekürzt werden. „Es geht um Fairness gegenüber Millionen Beitragszahlern und ein Ende der Privilegienpolitik“, sagt Holznagel. Ernsthafte Reformansätze gebe es in der Politik aktuell allerdings nicht.

Aus dem scheidenden Kabinett hat einzig Finanzmister Jörg Kukies keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt, da er erst nach Entlassung des Ampel-Finanzministers Christian Lindner ins Kabinett wechselte.

Für Linder sowie die anderen ehemaligen FDP-Minister, also Ex-Justizminister Marco Buschmann sowie Ex-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, gilt die Ausnahmeregelung ebenfalls nicht. Da sie entlassen wurden, bevor Scholz im Dezember das Misstrauen ausgesprochen wurde, sind ihre Ansprüche erloschen. Allerdings bleibt ihnen noch ihre Altersentschädigung für die Zeit als Abgeordnete des Bundestags – sowie bei Christian Lindner des Landtags.

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