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Pentagon-Bericht: Sicherheitslage im Irak dramatisch verschlechtert

Nach einem Bericht des Pentagon ist die Sicherheitslage im Irak so schlecht wie lange nicht mehr; die Zahl der Anschläge sei um 22 Prozent gestiegen. Als größte Bedrohung machen die Amerikaner Schiitenführer Moktada Sadr aus, der mittlerweile 60.000 Kämpfer unter Waffen habe.

Washington/Bagdad - Die Sicherheitslage im Irak hat sich nach einem Bericht des US-Verteidigungsministeriums in den vergangenen Monaten dramatisch verschlechtert. Von Mitte August bis Mitte November sei die Zahl der Anschläge im Vergleich zu den drei vorangegangenen Monaten um 22 Prozent gestiegen, hieß es in einem dem Kongress in Washington übergebenen Bericht des Pentagon. Jede Woche werden demnach im ganzen Land fast 960 Angriffe verübt, pro Tag sind das 137. Als größte Gefahr für die Sicherheit stuft das Pentagon mittlerweile die Miliz des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr noch vor dem irakischen Ableger von Al Qaida ein.

Hauptziel der Anschläge sind mit 68 Prozent weiterhin die US-Truppen und ihre Verbündeten. Die meisten Opfer sind allerdings Iraker. Die Verfasser des 53 Seiten umfassenden Pentagonberichtes stellten fest, dass sich mehr als die Hälfte aller Attacken auf zwei Provinzen - Bagdad und Al Anbar - konzentrieren. An der Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten habe auch der Prozess der Nationalen Versöhnung nichts geändert, der zahlreiche Stammesführer beider Konfessionen zusammengebracht habe, bemängeln die Pentagan-Experten.

Sadr-Milizen größte Bedrohung aus Sicht der USA

Als größte Gefahr für die Sicherheit bezeichneten sie die Miliz des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr, die so genannte Mehdi-Armee. Sie soll mittlerweile 60.000 Kämpfer unter Waffen haben und hat aus Sicht des Pentagons die irakische Zelle des Terroristennetzwerks Al Qaida als gefährlichste Kraft abgelöst.

Angesichts des drohenden Bürgerkrieges im Irak sind sich die US-Militärführung und das Weiße Haus laut einem Bericht der "Washington Post" weiter uneins über eine Verstärkung der US-Armee im Irak um 15.000 bis 30.000 Mann. Der US-Generalstab lehne den Plan der US-Regierung ohne eine klare Definition der Aufgaben dieser zusätzlichen Truppen ab, weil er eine Stärkung des Widerstandes gegen die als Besatzer empfundenen US-Soldaten fürchte, berichtete das Blatt. Derzeit haben die USA 129.000 Soldaten im Irak stationiert, in den vergangenen Monaten waren es durchschnittlich 140.000.

Grausige Videoaufnahmen im Saddam-Prozess

Die Entführer von Mitarbeitern des irakischen Roten Halbmondes ließen unterdessen zehn weitere ihrer Geiseln frei, wie der Generalsekretär der Organisation, Masen Abdallah, sagte. Sie seien in einem Auto nahe einem Markt ausgesetzt worden. Nach seinen Angaben waren bei dem Überfall auf ein Gebäude der Hilfsorganisation in der Bagdader Innenstadt am Sonntag 42 Menschen entführt worden, davon 32 Angestellte des Roten Halbmondes. Mittlerweile seien 26 der Geiseln wieder freigelassen worden, 16 Menschen befänden sich weiter in der Hand der Entführer, sagte Abdallah.

Im Prozess gegen den früheren irakischen Diktator Saddam Hussein zeigte die Staatsanwaltschaft am Dienstag grausige Videos von Opfern von Giftgasangriffen der früheren irakischen Armee auf kurdische Dörfer. Auf den Bändern aus den Jahren 1987 und 1988 waren die Leichen von vorwiegend alten Menschen, Kindern und Frauen zu sehen. Die Anklage legte des weiteren Dokumente vor, in denen das irakische Verteidigungsministerium den Einsatz von "Spezialwaffen" genehmigte.

Saddam Hussein muss sich derzeit wegen Völkermords während der "Operation Anfal" vor Gericht verantworten, bei der er laut Anklage zwischen 1987 und 1988 mehr als 180.000 Kurden töten ließ. Der frühere irakische Machthaber und sechs Mitangeklagte müssen mit der Todesstrafe rechnen. Anfang November verurteilte ein Tribunal den früheren Staatschef bereits wegen der Ermordung von 148 Schiiten aus dem Dorf Dudschail im Jahr 1982 zum Tode. (tso/AFP)

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