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Politik: „Pflegequalität muss besser werden“

Experte Pick begrüßt die geplanten stärkeren Kontrollen der Einrichtungen

Ein Kernstück der Pflegereform ist die schärfere Heimkontrolle. Was kommt da auf die Heime und die Kontrolleure zu?

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass die Medizinischen Dienste alle Pflegeeinrichtungen zeitnah prüfen sollen. Konkret heißt das: Bis Ende 2010 müssen alle Heime und ambulanten Pflegedienste geprüft sein. Das werden wir tun, und es wird zu Qualitätsverbesserungen beitragen.

Ab 2011 ist die Kontrolle pro Einrichtung einmal jährlich vorgesehen. Ist das mit Ihrem Personal überhaupt zu schaffen?

Nein, wir werden unser Personal verdoppeln müssen. Das ist dem Gesetzgeber auch klar. Zurzeit haben wir für die Prüfungen rund 120 Vollzeitbeschäftigte.

Was kostet die Aufstockung?

Wir werden dafür zusätzlich wohl etwa 25 Millionen Euro benötigen. Wobei man sagen muss: Dieses Geld ist gut investiert. Wir steuern damit ja die Qualität in einem Markt, in dem rund 30 Milliarden Euro ausgegeben werden. Und die Pflegebedürftigen profitieren direkt von den Qualitätsverbesserungen, die durch die Prüfungen initiiert werden. Außerdem können sie sich künftig schon bei der Auswahl einer Pflegeeinrichtung informieren, denn die Prüfergebnisse werden demnächst ja im Internet, in Medien der Krankenkassen und auch in den Einrichtungen selber veröffentlicht. Davon haben Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auch einen direkten Nutzen.

Was ist für Sie denn ein guter Kontrolleur? Muss er ein besonders harter Hund sein?

Er muss wissen, wie das Geschäft der Pflege läuft. Entscheidend ist also der fachliche Hintergrund. Unsere Prüfer haben Erfahrungen in der Leitung und Organisation von Pflegeeinrichtungen. Harte Hunde müssen sie nicht sein. Wir prüfen ja nach festen Kriterien.

Neu ist auch, dass Kontrollen nun nicht mehr angekündigt werden. Das war bisher anders. Wurde es ausgenutzt?

Der Eindruck in der Öffentlichkeit ist, dass nur unangemeldete Prüfungen zu sachgerechten und objektiven Ergebnissen führen. Bei angemeldeten Kontrollen werden natürlich die zwei, drei Tage von der Anmeldung bis zur Prüfung genutzt, um bestimmte Dinge zu verbessern – zum Beispiel was hygienische Mängel betrifft. Aber den Pflegezustand von Bewohnern kann man in so kurzer Zeit nicht verändern. Trotzdem ist es richtig, dass Kontrollen in Zukunft überwiegend unangemeldet durchgeführt werden.

Waren die Neuerungen notwendig?

Aus unserer Sicht ist es dringend nötig, die Qualitätsarbeit zu verbessern. Wir haben ja eine durchwachsene Situation. Es gibt Einrichtungen, die gute Arbeit leisten. Aber es gibt auch andere mit schlechter Qualität. Deshalb ist es notwendig und richtig, die externe Qualitätssicherung auszubauen – und vor allem die Ergebnisse der MDK-Prüfungen transparent zu machen. Wir unterstützen die Zielsetzung und die Absichten des Gesetzgebers hier voll und ganz.

Vorher war es üblich, die Kontrollergebnisse tief in irgendeiner Schublade zu versenken. Warum hat das keinen gestört?

Die Prüfergebnisse durften ja gar nicht an die Öffentlichkeit gegeben werden. Sie gingen nur an die Einrichtungen selber, an die Pflegekassen und an die Heimaufsicht. Nun will der Gesetzgeber, dass auch die Pflegebedürftigen, die Angehörigen und die Öffentlichkeit über unsere Prüfergebnisse informiert werden. Das befördert natürlich den Qualitätswettbewerb. Wer gute Arbeit leistet, profitiert. Wer schlecht arbeitet, gerät unter Druck, besser zu werden. Das ist gut so.

Woran wird man als Laie gute Heime erkennen? An Sternen wie bei Hotels?

In welcher Form die Ergebnisse visuell aufbereitet werden, ob es Noten gibt oder Sterne, ist noch nicht entschieden. Aber in den Prüfergebnissen wird klar dargelegt, zu welchem Prozentsatz Qualitätsanforderungen erfüllt sind. Damit kann sich jeder einen Eindruck verschaffen.

Im Gesetz steht, dass Sie künftig stärker auf Missstände für die Pflegebedürftigen und weniger auf strukturelle Defizite achten sollen. Haben Sie bisher an den Menschen vorbeigeprüft?

Wir hatten die Ergebnisqualität immer im Fokus. Bei jeder Prüfung haben wir zehn Prozent der Bewohner in Augenschein genommen. Das wird nun noch verstärkt, die Ergebnisqualität wird höher gewichtet. Und nur wo sie schlecht ist, werden wir uns auch die Prozesse und Strukturen der Einrichtung vertieft ansehen.

Künftig sollen Pflegebedürftige ihren Bescheid über Leistungen deutlich schneller erhalten. Ist es nicht beschämend, dass sie bisher bis zu 15 Wochen warten mussten?

Der Medizinische Dienst führt im Jahr rund 1,3 Mio. Pflegebegutachtungen durch, das ist nach wir vor ein enormes Antragsaufkommen. Deshalb hat es im Einzelfall manchmal länger gedauert. Die durchschnittliche Wartezeit liegt im Moment bei acht Wochen. Wir werden das auf fünf Wochen reduzieren. Das ist im Interesse der Pflegebedürftigen. Aber ehrlicherweise muss man auch sagen: Wenn wir noch zügiger begutachten sollen, brauchen wir auch dafür mehr Personal.

Die Fragen stellte Rainer Woratschka.

Peter Pick (52) ist

Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen-Spitzenverbände. Der Dienst kontrolliert unter anderem die Qualität von

Pflegeheimen.

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