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Politik: Pinochet rechtfertigt seine Diktatur

Dank an Armee für Sturz Allendes

Santiago de Chile - Der wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen angeklagte frühere chilenische Militärmachthaber Augusto Pinochet hat „die volle politische Verantwortung“ für die Taten während seiner Diktatur übernommen – allerdings ohne irgendeinen Ausdruck der Reue. Im Gegenteil: Er dankte der Armee für den Sturz des demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende. In einer Botschaft zu seinem 91. Geburtstag, die seine Frau Lucia Hiriart am Samstag (Ortszeit) vor seinem Haus verlas, stellte Pinochet fest, dank des „Mutes und der Entschlossenheit“ der Armee habe Chile „die totalitaristische Bedrohung vermieden und wahre Demokratie gefunden, die wir wiederhergestellt haben und die alle unsere Landsleute genießen“.

Da sei „schon eine gehörige Portion Chuzpe im Spiel“, sagte Klaus Bodemer vom Institut für Iberoamerika-Kunde in Hamburg dem Tagesspiegel. Von Pinochet sei sicher keine Einsicht oder gar Entschuldigung für seine Untaten mehr zu erwarten. Das Militär und die Polizei töteten während seiner Herrschaft von 1973 bis 1990 Schätzungen zufolge mehr als 3000 Menschen. Laut einem offiziellen Bericht wurden rund 30 000 Oppositionelle eingesperrt und gefoltert. Tausende Chilenen gingen ins Exil. Um eine Strafverfolgung Pinochets wegen der Entführung eines spanischen Priesters 1974 zu ermöglichen, wurde dem Ex-Diktator zuletzt von einem Gericht die Immunität aberkannt. Kürzlich wurde er schon einmal wegen Mordes, Folter und Verschleppungen unter Hausarrest gestellt. Er wurde wegen der Verbrechen immer wieder angeklagt, allerdings nie verurteilt. Dass er jetzt aber seine Diktatur praktisch als Voraussetzung für die heutige demokratische Verfasstheit des Landes rechtfertige und sich zum Retter des Vaterlandes aufschwinge, sei wohl einer „Mischung aus Altersstarrsinn und Selbstüberhöhung“ geschuldet, sagt Bodemer.

In seiner Geburtstagsbotschaft erklärte der Ex-Diktator, trotz der „Erniedrigung, Verfolgung und Ungerechtigkeiten, die meine Familie und ich erlitten haben“, hege er „keinen Groll“ und kämpfe für „Frieden und Eintracht“ in Chile. „Ich liebe meine Land über alles“, ließ Pinochet von seiner Frau verlesen.

Unterbrochen wurde die Botschaft wiederholt vom Applaus der Anhänger des Ex-Diktators, die sich vor seinem Haus versammelt hatten. Pinochet selbst äußerte sich nicht. Er saß in einem Rollstuhl vor seinem Haus und hob lediglich seine Hand, um seinen Unterstützern zuzuwinken. Zur Zeit läuft gegen Pinochet ein Verfahren zu den Vorgängen in der zum Folterzentrum umgewandelten Villa Grimaldi in Santiago de Chile. In der Villa Grimaldi waren im Januar 1975 auch Chiles heutige Präsidentin Michelle Bachelet und ihre Mutter inhaftiert und misshandelt worden. mis/AFP

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