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Piraterie: Volle Breitseite

Südostasien als Vorbild für den Golf von Aden? Die Malakka-Straße galt lange Zeit als das gefährlichste Piratengebiet der Welt – bis die Anrainer sie sicher machten.

Südostasien könnte zum Vorbild für den Golf von Aden werden: In der Malakka-Straße zwischen Malaysia, Indonesien und Singapur wurden in diesem Jahr nur zwei Piratenüberfälle gezählt – nur noch zwei. Der Piratenexperte Noel Choong dokumentiert beim Internationalen Maritimbüro in Malaysia alle Überfälle. Hätte ihm jemand prophezeit, dass er am Ende eines Jahres nur zwei Attacken oder sogar, wie 2007, gar keine Piratenangriffe in der Straße von Malakka melden würde, wäre Choong sicher skeptisch gewesen. Die Seestraße war lange das gefährlichste Piratengebiet der Welt.

Früher griffen Räuber und Kidnapper jede Woche mehrfach Schiffe an. 2003 verbuchte alleine Indonesien 121 Überfälle und damit mehr als ein Viertel der weltweiten Piraten-Attacken. „Hätten wir wenigstens ein anständiges Gewehr. Dann wäre klar, was ich anordnen würde, wenn sich nachts ein kleines Boot rasch nähert: Erst schießen, dann fragen“, raunte im Hafen von Jakarta Kapitän Im Chang Ho. Er fuhr 2003 mit seinem Frachter regelmäßig durch die Malakka-Straße. „Knapp 1000 Kilometer, Backbord und Steuerbord Küsten, Inseln – wir sind immer froh, wenn wir durch sind“, erzählte Kapitän Ho. Der Versicherer Lloyds erklärte die Malakka-Straße zum Gefahrengebiet, die Prämien stiegen. Dann, ab 2005, nahm die Zahl der Überfälle drastisch ab. Die drei Anrainerstaaten hatten mit Auslandshilfe gemeinschaftliche Patrouillen und Überwachungsflüge organisiert.

Der Seeweg in Südostasien wurde gesichert, weil er als Handelsroute enorm wichtig ist, weil ein Terroranschlag befürchtet wurde, und weil mehrere Staaten handelten. Jährlich befördern 60 000 Schiffe ein Viertel des Welthandels durch die Malakka-Straße. Darunter fällt die Hälfte aller Öltransporte und 80 Prozent des Öls, das China, Japan und Südkorea importieren. Die drei Länder schenkten den Malakka-Anrainern Überwachungstechnik. Die USA befürchteten Terror. Zwischen 2000 und 2004 hatten islamische Extremisten in Jemen ein US-Kriegsschiff und einen französischen Tanker angegriffen, auf den Philippinen trafen sie eine Passagierfähre. Insgesamt starben 135 Menschen. Experten hielten in der Malakka-Straße noch Schlimmeres für möglich, auch einen Anschlag von See auf den US-Verbündeten Singapur. Gelangt ein Terrorist ans Steuer eines Schiffes, könnte es zur Waffe werden, so wie am 11. September 2001 die Flugzeuge in den USA. „Terroristen könnten einen mit Flüssiggas oder mit Chemikalien beladenen Frachter als schwimmende Bombe gegen unseren Hafen einsetzen. In der Nähe sind Wohngebiete, Tausende würden sterben“, sagte Singapurs Sicherheitsminister Tony Tan. Die USA spendierten 15 Patrouilleboote und richteten in Indonesien ein Radarsystem ein.

Am liebsten hätten die USA die Malakka-Straße mit eigenen Kriegsschiffen überwacht. Singapur wollte das. Mit den Worten, „Verantwortungsverteilung ist gut, aber nicht auf Kosten von nationaler Integrität“, lehnte Malaysias Verteidigungsminister Najib Razak das ab. Malaysia, Indonesien und Singapur streiten sich schon mal. Sie wollten in ihren Hoheitsbereichen auf See auch keine Patrouillenboote der Nachbarn zulassen. Doch schließlich sahen alle angesichts der vielen Piraten-Attacken ein, dass es so nicht weitergehen konnte. Eine Überwachungskette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied, die Mini-Marine Indonesiens ist schwach. Also einigten sich die drei Anrainerstaaten 2004 auf gemeinschaftliche Überwachung. Seitdem sind Patrouillenboote und Überwachungsflugzeuge mit gemischten Besatzungen aus den drei Staaten unterwegs. Weil das Erfolg hat, stuft Lloyds die Malakka-Straße seit zwei Jahren nicht mehr als Gefahrengebiet ein.

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