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Polen im Irak: Keine Angst vor Gotteskriegern

Polen stellt Soldaten im Irak, doch im eigenen Land fühlt sich die Bevölkerung nicht von Terror bedroht. Dort leben kaum Muslime.

In Sachen Terrorismus denkt Polen paradox. Obwohl polnische Soldaten seit Jahren Seite an Seite mit den US-Truppen im Irak kämpfen und Polen damit durchaus ein denkbares Ziel für die Gotteskrieger der Al Qaida sein könnte, schätzen die Menschen die Bedrohung des eigenen Landes durch islamische Fundamentalisten als eher gering ein. Der Grund: Anders als in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien leben in Polen kaum Muslime. Wohl deshalb hatte auch bei den Politikern die Bekämpfung des Terrorismus nie den hohen Stellenwert wie bei den westlichen Nachbarn.

Zwar richtete der damalige Präsident Alexander Kwasniewski schon kurz nach den Terrorattacken vom 11. September, im November 2001, in Warschau eine internationale Konferenz zum Kampf gegen den Terrorismus aus, doch musste das Land danach ständig ermahnt werden, die nach den Anschlägen in New York vorgegebenen Sicherheitsstandards auch umzusetzen. Das galt auch für grundsätzliche Verträge wie das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus oder den Vertrag über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Zuge des Beitritts zur EU im Jahr 2004 beschleunigte sich allerdings der Prozess und es wurden etwa die Standards bei den Grenzkontrollen, der polizeilichen Zusammenarbeit, im Datenschutz, in Visa- und Einwanderungsfragen den Nachbarländern zügig angeglichen.

Grund für die schleppende Umsetzung der vereinbarten Anti-Terror-Standards waren allerdings zu keiner Zeit Bedenken wegen der damit einhergehenden Einschränkung der persönlichen Freiheiten der Bürger. Welchen Spielraum die Politiker in Sachen Sicherheitspolitik in Polen vielmehr haben, zeigte sich im Jahr 2006, als es unter der national-konservativen Regierung des damaligen Premiers Jaroslaw Kazcynski zur Gründung der Zentralen Antikorruptionsbehörde (CBA) kam. Ziel des CBA war es nicht, mögliche Terroristen und deren Geldwaschanlagen auszuheben. Der Kampf galt stattdessen der grassierenden Korruption im eigenen Land. Praktisch über Nacht wurde eine Behörde mit 500 handverlesenen und hoch bezahlten Beamten aus dem Boden gestampft.

Diese Spezialeinheit ist Nachrichtendienst und Polizei zugleich. Zu diesem Zweck sind die Männer nicht nur mit den modernsten Waffen ausgestattet. Sie sind auch befugt, über jedermann bei Versicherungen, Behörden, Telefongesellschaften oder durch Abhören im öffentlichen Raum Daten zu sammeln. Die gewonnenen Informationen – auch solche über Krankheiten, Liebesleben oder Religion – können gespeichert werden, auch wenn gegen den Betroffenen niemals Anklage erhoben wird. Das CBA kann sich ohne gerichtlichen Befehl in Privatunternehmen einnisten, um die Bücher zu prüfen, und es kann in Notfällen mit Zustimmung des Justizministers sogar ohne richterliche Anordnung befristet Telefone abhören.

Im Laufe der Zeit wurde deutlich, dass die Behörde vor allem auch als Waffe im innenpolitischen Kampf der national-konservativen Kreise gegen ihre politischen Gegner eingesetzt wurde. Denn nach der Abwahl der Regierung Kaczynski versank die Anti-Korruptionszentrale in einen Dornröschenschlaf, aus dem sie, so hoffen ihre Kritiker, nie wieder erwachen möge.

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