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Berlin: Wolfgang Schäuble (CDU), Bundestagspräsident, nimmt an der 176. Sitzung des Bundestags teil. Thema ist unter anderem der Klimaschutzbericht der Bundesregierung.

© picture alliance/dpa / Kay Nietfeld

Political Animal : Eine Karriere ohnegleichen

Wolfgang Schäuble sitzt seit 50 Jahren im Bundestag. Am Sonntag, den 18. September, wird er 80.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Sein Schicksal war Helmut Kohl. „Ich wünsche mir, dass Wolfgang Schäuble einmal Bundeskanzler wird“, sagte Kohl nach dem CDU-Parteitag im Oktober 1997 in Leipzig. Aber wann, das mochte er nicht sagen; er wollte lieber noch weiterregieren. Was misslang, der Rekordkanzler verlor 1998. Wolfgang Schäuble hatte es vorher gewusst. Und Kohl vorhergesagt.

Er, der in dieser Woche 80 wird und im Oktober 50 Jahre dem Parlament angehört, hatte Kohl bis dahin an der Macht gehalten. Er hatte ihm auch schon bei der Eroberung geholfen, bei der Verteidigung gegen interne Kritiker, und dann beim dem größten Werk der deutschen Nachkriegsgeschichte, der Wiedervereinigung. Schäuble war ihr Stratege und Architekt: Ohne ihn hätte es keinen Einigungsvertrag gegeben, und Berlin wäre nicht Regierungssitz. Wenn es eine große politische Rede gibt, die die Politik verändert hat, dann die, mit der Schäuble Berlin zur Bundeshauptstadt machte. Heute ist er ihr Ehrenbürger.

Was er alles war: im Bundestag Ausschussvorsitzender, Fraktionsgeschäftsführer, Vizefraktionschef und Fraktionschef, Präsident; Parteivorsitzender; Kanzleramtsminister, zweimal Innenminister, Finanzminister; Krisenmanager, der erklärte Kronprinz und Kanzler im Konjunktiv, nur eben nie selbst Kanzler. „Helmut Kohl weiß, dass ich ihn niemals bescheiße“, hatte Schäuble immer wieder gesagt. Andere mit seiner Macht hätten Kohl zur Seite geräumt.

Ich habe schon zu viel meiner knapp bemessenen Lebenszeit mit dir verbracht, und es wird keine Minute mehr geben.

Wolfgang Schäuble zu Helmut Kohl - so das bis heute unwidersprochene Zitat

Es war dann Kohl, ausgerechnet, der ihn die absolute Krönung einer Karriere gekostet har, wie sie ohnegleichen ist. Und zwar in der Spendenaffäre. 18. Januar 2000: Schäuble sucht den Ex-Kanzler in seinem Büro auf. Dort sagt er, wie einer seiner engen Wegbegleiter berichtet hat, zu Kohl, er werde diesen Raum nie wieder betreten. Das wörtliche Zitat, bis heute unwidersprochen: „Ich habe schon viel zu viel meiner knapp bemessenen Lebenszeit mit dir verbracht, und es wird keine Minute mehr geben.“ Es sollte keine mehr geben.

Er werde nicht gewählt, versicherte er seiner Frau damals
Kohl weigerte sich bis zu seinem Lebensende, die Spender zu nennen. Ein Ermittlungsverfahren gegen Schäuble wegen uneidlicher Falschaussage im Zusammenhang mit einer Spende wurde eingestellt; es gab keinen Anfangsverdacht. Aber seine Ämter als Partei- und als Fraktionschef hatte er da schon abgegeben, Anfang 2000, an Angela Merkel und Friedrich Merz.

1972, Bundeskanzler war Willy Brandt, wurde Wolfgang Schäuble das erste Mal in den Bundestag gewählt. Der junge Finanzbeamte hatte in der sicheren Erwartung kandidiert, nicht gewählt zu werden. Das hatte er auch seiner Frau gesagt. Seither hat Schäuble ohne Unterbrechung den Wahlkreis Offenburg direkt gewonnen. Und kein Abgeordneter gehörte je einem deutschen Parlament so lange an wie er. Zu seinem 80. Geburtstag am 18. September veröffentlichen wir im Tagesspiegel ein Gespräch mit ihm.

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