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Politischer Aschermittwoch: Abwatschen im Schongang

Auf den Tag genau 100 Tage nach Amtsübernahme der schwarz-roten Regierung haben sich SPD und Union bei den sonst deftigen Kundgebungen am Politischen Aschermittwoch geschont.

Passau/Vilshofen/Berlin - Union und SPD wollen unabhängig von der in Berlin regierenden großen Koalition ihr eigenes Profil schärfen und die Unterschiede zum Bündnispartner deutlich herausheben. Ganz anders die Opposition: FDP, Grüne und die mit internem Zwist beschäftigte Linkspartei stellten der Bundesregierung ein schlechtes Zeugnis aus.

CSU-Chef Edmund Stoiber hob beim Kräftemessen mit dem Koalitionspartner in Passau vor mehreren tausend Zuhörern die Verdienste von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hervor. "Mit Angela Merkel und der Union gilt: Deutschland wird wieder vernünftig regiert." Dies sei Master- statt Desaster-Politik. Der SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck verwies vor 700 Parteianhängern in Vilshofen auf die Leistungen der SPD: "Die SPD ist das Herz der Bundesregierung."

Vor allem Stoiber erntete von Platzeck heftige Kritik für seinen Zickzack-Kurs zwischen Bayern und Berlin. Stoiber habe erst den Mund vollgenommen und sich dann vom Acker gemacht, sagte Platzeck in seiner kämpferisch vorgetragenen Rede.

Scharf ging die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast mit der großen Koalition ins Gericht. Nach 100 Tagen seien lediglich eine "große Steuererhöhung" und große Verschuldung beschlossen worden, sagte sie ebenfalls in Passau. Sie warf Merkel "Durchschweigen" statt "Durchregieren" vor. FDP-Chef Guido Westerwelle gab vor allem Stoiber Schuld daran, dass der geplante Wechsel zu einer schwarz-gelben Regierung bei der Bundestagswahl 2005 "vermasselt" worden sei.

Nach heftigen Diskussionen um die Vereinigung von Linkspartei und der linksgerichteten Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) betonten Spitzenpolitiker der beiden Parteien die Gemeinsamkeiten. Die Fusion werde wie geplant im Jahr 2007 stattfinden, sagten Fraktionschef Gregor Gysi und WASG-Bundesvorstand Klaus Ernst in Passau.

Der bayerische Ministerpräsident sprach den Ärger über seinen Kurswechsel nicht an, sondern beschwor demonstrativ die Geschlossenheit der CSU. "Die CSU ist stark, weil wir eine legendäre Geschlossenheit haben", sagte er. Trotz der Zusammenarbeit zwischen Union und SPD in Berlin will die CSU einen eigenständigen Kurs fahren. "CSU pur ist das Beste", sagte Stoiber.

Platzeck forderte von seiner Partei mehr Selbstbewusstsein und eine klare Abgrenzung von der Union: "Wir stehlen uns nicht weg." Der Koalitionsvertrag trage "zu Dreivierteln" sozialdemokratische Handschrift. Die SPD habe sich nicht gescheut, schwierige Ressorts zu übernehmen. Seine Partei werde sich die Werte Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit nicht streitig machen lassen.

Stoiber mahnte einen schärferen Kurs in der Ausländerpolitik und ein härteres Vorgehen gegen Sexualstraftäter an. Das Publikum nahm die rund zweistündige Rede mit Jubelrufen und langem Beifall auf. Die SPD forderte er auf, trotz schlechter Umfragewerte nicht Unruhe in die Arbeit der Bundesregierung zu bringen. "Da brauchen wir Ruhe in der Koalition und nicht Sand im Getriebe." Für die Einbürgerung von Ausländern verlangte Stoiber bundesweit einheitliche Standards und einen Staatsbürgertest. "Jedem muss klar sein: Hier gilt das deutsche Grundgesetz und nicht die Scharia."

Platzeck forderte angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen am 26. März in drei Bundesländern von der SPD mehr Selbstbewusstsein und eine klare Abgrenzung von der Union. Er kritisierte auch die seiner Meinung nach mangelnde Effektivität der CSU-Bundesminister für Wirtschaft und Verbraucherschutz, Michel Glos und Horst Seehofer. (tso/dpa)

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