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Porträt: Matthias Platzeck

Vom "Deichgrafen" zum Hoffnungsträger

Karlsruhe - Schon einmal begann ein prominenter Sozialdemokrat seine Karriere als Krisenmanager: Mit dem Einsatz beim Elbe-Hochwasser in Hamburg machte Helmut Schmidt 1962 erstmals bundesweit auf sich aufmerksam. 35 Jahre später verschaffte sich Matthias Platzeck bei der Oder-Flut ähnlichen Respekt weit über die Landesgrenzen hinaus. Nun soll der 51-Jährige als neuer Hoffnungsträger in schwerer Zeit die SPD im 143. Jahr ihres Bestehens aus der Krise herausführen, in die sie durch den abrupten Abgang von Franz Müntefering gestürzt wurde.

Anders als andere Sozialdemokraten seiner Generation hat sich Platzeck bei der Vergabe von Ämtern nie aufgedrängt. Fast immer wurde er gerufen, wie jetzt auch bei der Müntefering-Nachfolge. Kurz vorher hatte Platzeck noch das Angebot ausgeschlagen, als Vize-Kanzler und Außenminister in die große Koalition nach Berlin zu wechseln. Schwerer wog für ihn das im vergangenen Jahr an die Brandenburger Wähler abgegebene Versprechen, auf jeden Fall erst einmal im Lande zu bleiben.

Kanzler Gerhard Schröder zählte Platzeck schon früh zu der Hand voll Sozialdemokraten, denen er das Zeug zutraute, einmal sein Nachfolger zu werden. Spätestens im jüngsten Bundestags-Wahlkampf war bei gemeinsamen Auftritten spürbar, wie hoch seine Achtung vor Platzecks Einsatz war. Mit viel Respekt wurde im Kanzleramt auch registriert, wie Platzeck auf dem Höhepunkt der Anti-Hartz-Proteste die Sozialreform auf den ostdeutschen Marktplätzen verteidigte, auch wenn er selbst mit einigen Punkten der Reform-Agenda nicht einverstanden war.

Er sei ein «Menschenfänger» mit der ausgeprägten Fähigkeit, auf Leute zuzugehen, heißt es über Platzeck. Er wird als geradliniger und standfester Sympathieträger beschrieben. Die besonnene Art, mit der er die große Koalition in Potsdam führt, könnte Platzeck jetzt auch in der neuen Rolle in Berlin helfen.

Platzeck ist nicht der erste Ostdeutsche an der SPD-Spitze seit 1945. Schon Kurt Schumacher, der erste Nachkriegs-Vorsitzende, der in Kulm an der Weichsel geboren wurde, war Preuße. Schumachers Nachfolger Erich Ollenhauer stammte aus Magdeburg. Der Arztsohn Platzeck, der sich selbst einmal als «Rot-Grünen mit konservativen Zügen» beschrieb, inzwischen aber als «Sozialdemokrat mit Leib und Seele» gilt, wurde 1953 in Potsdam geboren.

Der studierte Umwelthygieniker begann sein politisches Engagement mit der Wende 1989. Ein Jahr später zog er für die Grüne Partei der DDR in die erste frei gewählte Volkskammer ein. Nach der Einheit war er bis 1998 Umweltminister im brandenburgischen Kabinett von Manfred Stolpe (SPD). Weil er die Fusion von Bündnis 90 mit den westdeutschen Grünen ablehnte, war Platzeck vorübergehend parteilos, bis er 1995 der SPD beitrat.

1998 kandidierte er erfolgreich für das Amt des Potsdamer Oberbürgermeisters und wendete einen PDS-Sieg ab. 2002 folgte Platzeck Stolpe als Brandenburger Regierungschef und hielt die oft krisengeschüttelte Koalition mit der CDU zusammen. 2004 verhinderte der geschiedene Vater von drei Töchtern trotz heftigen Gegenwinds bei der Landtagswahl einen PDS-Sieg. Seit mehreren Jahren ist die 41 Jahre alte Potsdamerin Jeanette Jesorka Platzecks Lebensgefährtin. (tso/dpa)

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