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Politik: Powell setzt Irakern Frist für Verfassung

USA kommen damit Forderung Frankreichs entgegen / UN ziehen weitere Mitarbeiter aus dem Land ab

DER IRAK–KRIEG UND DIE FOLGEN

New York/Bagdad (AFP/AP/dpa). Im Streit um einen Zeitrahmen für die Wiederherstellung der irakischen Souveränität haben die USA erstmals konkrete Daten genannt. Innerhalb der kommenden sechs Monate solle der Irak eine neue Verfassung bekommen, sagte USAußenminister Colin Powell in einem am Donnerstag aufgezeichneten Gespräch für die CBS-Fernsehshow „Late Night with David Letterman“. Beobachter werteten die Erklärung als ein Zeichen an die Adresse der Kritiker wie Deutschland und Frankreich, die einen konkreten Zeitplan gefordert hatten. Es sei der Wunsch der US-Regierung, dass die Verfassung in dieser Zeit entworfen und ratifiziert werde. Erste freie Wahlen sollten dann im kommenden Jahr stattfinden, führte Powell in einem Interview mit der „New York Times“ aus. „Wir würden ihnen (den Irakern) gerne einen Stichtag vorgeben“, sagte Powell: „Sie bekommen sechs Monate Zeit.“

Nach Powells Vorstellungen könnten die Iraker möglicherweise selbst einen Zeitplan aufstellen. Die US-Regierung habe die irakischen Führer um eine Einschätzung gebeten, wie lange es bis zur Ausarbeitung einer Verfassung und bis zu den Wahlen dauern könne. „Wenn sie jetzt ewig brauchen, um uns eine Antwort zu geben, haben wir ein Problem“, sagte Powell der „New York Times“.

Bislang hatten die USA die vor allem von Frankreich vorgebrachte Forderung nach einem Zeitplan für die politische Neuordnung des Irak zurückgewiesen. Washington beschränkte sich auf die Formel, die Souveränität solle „so schnell wie möglich“ an die Iraker übertragen werden. Powell hatte nach einem Gespräch mit seinen Kollegen aus Frankreich, China, Großbritannien und Russland in New York von „Annäherungen“ unter den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats gesprochen. Der Irak wird auch das Treffen von US-Präsident George W. Bush und Russlands Präsident Wladimir Putin am Freitag und Samstag in Camp David bestimmen.

Die Vereinten Nationen zogen am Freitag weitere ausländische Mitarbeiter aus dem Irak ab. Wie vor Ort zu erfahren war, reisten 19 ausländische UN-Mitarbeiter nach Jordanien aus. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte am Donnerstag entschieden, das UN-Personal im Irak wegen der angespannten Sicherheitslage weiter zu verringern. Das UN-Hauptquartier in Bagdad war bereits zweimal Ziel von Bombenanschlägen. Rund ein Drittel des Personals in der irakischen Hauptstadt werde ausreisen, sagte UN-Sprecherin Veronique Taveau. Dies betreffe das nicht unbedingt erforderliche Personal. Ein Großteil der Arbeiten etwa in der Verwaltung könne auch von Jordanien oder Zypern aus erledigt werden. Zuletzt waren noch 86 ausländische UN-Mitarbeiter in Bagdad und im Norden des Landes beschäftigt. Die UN-Sprecherin stellte klar, dass die Ausreise der Mitarbeiter keine Evakuierung sei. „Wir werden im Irak weiterarbeiten und präsent sein.“ Allerdings müsse die Sicherheit des Personals gewährleistet sein. „Die UN können nicht in Festungen arbeiten, weil die Leute zu uns kommen und uns sehen müssen.“

Am Donnerstagabend hatten unbekannte Angreifer einen Marktplatz im nördlich von Bagdad gelegenen Bakuba mit Mörsergranaten beschossen. Dabei kamen nach Angaben des US-Heeres acht Zivilisten ums Leben. Bei Kirkuk im Nordirak wurde wenig später ein US-Soldat getötet, als eine Rakete sein Fahrzeug traf. Die Angriffe erfolgten inmitten einer dreitägigen Staatstrauer für das an den Folgen eines Attentats gestorbene Verwaltungsratsmitglied Akila al Haschimi. Die Politikerin wurde am Freitag in Nadschaf beerdigt, der heiligen schiitischen Stadt im Süden des Irak. Der Befehlshaber der amerikanischen Truppen im Irak, Generalleutnant Ricardo Sanchez, drohte angesichts der andauernden Gewalt mit dem Einsatz aller militärischen Mittel, um die Ordnung wiederherzustellen.

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