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Politik: Power aus dem All

Von Sabine Heimgärtner, Paris Krass unterrepräsentiert sind sie, die Frauen in Frankreichs neuem Parlament. An diesem Donnerstag konstituiert sich in Paris die Nationalversammlung – und nur 71 der 577 Abgeordneten sind weiblichen Geschlechts.

Von Sabine Heimgärtner, Paris

Krass unterrepräsentiert sind sie, die Frauen in Frankreichs neuem Parlament. An diesem Donnerstag konstituiert sich in Paris die Nationalversammlung – und nur 71 der 577 Abgeordneten sind weiblichen Geschlechts. Die Quote stieg damit gegenüber der letzten Wahlperiode von 10,7 auf gerade mal 12,3 Prozent.

Anders sieht es in der Regierung aus. Welches Land hat dort schon eine Astronautin? Frankreichs neuer Premierminister Jean- Pierre Raffarin hat spektakuläre Frauenpower in sein Kabinett berufen, wenn schon nicht zahlenmäßig – nur zehn der 39 Kabinettsmitglieder sind Frauen – so doch wenigstens, was Kompetenz und Prominenz betrifft. Zu den international Bekanntesten in der Frauenriege gehören Michele Alliot-Marie, früher Chefin der neogaullistischen Partei RPR, als Verteidigungsministerin, die frühere Präsidentin des Europa-Parlaments, Nicole Fontaine, als Industrieministerin, Noelle Lenoir, 1992 erste Frau im französischen Verfassungsrat, als Europaministerin und Claudie Haigneré, die Astronautin: der Star in den Medien. Sie ist die neue französische Ministerin für Wissenschaft und Technologie.

„An die Gefahren denken immer diejenigen zuerst, die auf der Erde zurückbleiben“, sagte die 45-Jährige im Oktober vergangenen Jahres, als sie sich als erste europäische Astronautin zur Internationalen Weltraumstation ISS aufmachte, 400 Kilometer von der Erde entfernt. Als Bordingenieurin einer Sojus-Rakete brachte Haigneré Lebensmittel, Forschungsmaterial und Ausrüstung gemeinsam mit zwei russischen Kollegen zur Dauerbesatzung der ISS. Eine Woche lang hielt sie sich im All auf. 1985 schaffte es die Ärztin in einem langwierigen Auswahlverfahren für die französische Raumfahrtbehörde von 1000 Bewerbern unter die sieben Auserwählten. Als einzige Frau war sie noch vor ihrer ersten Mission im All, 1996, zwei Wochen an Bord der inzwischen zerstörten russischen Raumstation Mir. Drei Jahre später erhielt Haigneré als erste Frau die Berechtigung, eine Sojus-Kapsel auf dem Rückflug aus dem All zu steuern. Im 16-köpfigen Astronauten-Team der Europäischen Weltraumorganisation Esa ist Haigneré die einzige Frau. Ihr Mann, Jean-Pierre Haigneré, ist ebenfalls Astronaut und leitet derzeit die Esa-Gruppe in Deutschland.

Liebling der Presse wurde das Astronauten-Paar spätestens mit der Geburt ihrer Tochter Carla vor vier Jahren. Rund um die Welt ging der Originalton der kurzen Unterhaltung, die Carla vom Kontrollzentrum des Weltraumbahnhofs Baikonur in Kasachstan aus mit ihrer Mutter im All führte. Berühmt wurden die Bilder von Carlas Plüsch-Teddybär, der Mutter Claudie ins All begleitete, um der Tochter später zu berichten.

Selbstbewusst geht die Wissenschaftlerin nun wieder an den Start. Nach der Laufbahn als Ärztin und der Erfüllung ihres Traumberufs im Weltraum beginnt ihre dritte Karriere, die politische. Das freut auch die Mitarbeiter der Weltraumorganisation Esa. Ihr Sprecher Franco Bonacina ist sich sicher: „Unsere Claudie kann sehr viel für die Entwicklung der europäischen Raumfahrt tun.“

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