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Die deutsche Außenministerin: Annalena Baerbock (Grüne).

© Imago/Photothek/Kira Hofmann

„Prinzip Hoffnung wird vor Putin nicht schützen“: Baerbock verteidigt neue US-Waffen als nötige glaubwürdige Abschreckung

Die Außenministerin sieht in dem Beschluss, in Deutschland wieder weitreichende amerikanische Systeme zu stationieren, eine wichtige Warnung an Russland. Es gehe auch um Partnerländer.

Stand:

Die Pläne der Ampelregierung und der USA, ab 2026 wieder weitreichende amerikanische Waffensysteme in Deutschland zu stationieren, sind auch bei Politikern der Koalitionsparteien nicht unumstritten. Kritisiert wird unter anderem, dass es keine Debatte gab und der Bundestag nicht eingebunden wurde.

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Vereinbarung mit den USA nun vehement verteidigt. „Heute Außenpolitik zu machen, bedeutet, zu erkennen: Das Prinzip Hoffnung wird uns vor Putins Russland nicht schützen“, schreibt die Grünen-Politikerin in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“.

„Was uns jetzt schützt, ist, dass wir in unsere eigene Sicherheit und Stärke investieren – in der EU, in der Nato und in Deutschland. Und dazu zählt die Entscheidung zur Stationierung weitreichender amerikanischer Waffensysteme“, so die Außenministerin. „Weil wir gegenüber Russland eine glaubwürdige Abschreckung brauchen, es ja nicht zu wagen.“

Was uns schützt, ist unsere Unterstützung für die Ukraine.

Annalena Baerbock, Außenministerin (Grüne)

Nötig sei eine Abschreckung, die auch Polen, die baltischen Staaten und Finnland schütze, „unsere Partner, die direkt an Russland grenzen und in den letzten Monaten erlebt haben, wie es mit hybriden Maßnahmen an der Grenze zündelt“.

Baerbock warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, jede Friedensinitiative seit Jahren mit Eskalation zu beantworten. „Während wir noch gehofft und in Minsk verhandelt haben, haben viele schon gewarnt.“

Russland habe den Krieg gegen die Ukraine lange vorbereitet. „Es hat über Jahre Verträge zur Abrüstung erst gebrochen und dann gekündigt. Verbotene Waffen entwickelt, die nuklear bestückt werden können. Und diese in Kaliningrad aufgestellt, keine 600 Kilometer von Berlin entfernt. Am 24. Februar 2022 hat Putins Russland dann den größten Krieg in Europa seit 1945 vom Zaun gebrochen.“

Ukrainische Soldaten der 43. Artilleriebrigade feuern auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Region Donezk.

© dpa/Evgeniy Maloletka

Mit der Absage an eine Friedenskonferenz habe Putin sich selbst entlarvt. Vor der Weltöffentlichkeit – darunter viele Staaten, die Russland nahestünden – wolle „er nicht zugeben, dass er will, dass die Ukraine sich ihm unterwirft. Dass er der Ukraine noch immer das Recht abspricht, eigenständig zu existieren“, schreibt Baerbock weiter.

„Was uns schützt, ist unsere Unterstützung für die Ukraine. Für die Menschen, die tapfer ihr Land verteidigen. Und damit dafür sorgen, dass Putins Truppen nicht dichter an uns rücken“, so die Außenministerin.

Deutschland und die USA hatten am Rande des Nato-Gipfels in Washington am 10. Juli verkündet, dass ab 2026 erstmals seit den 1990er Jahren wieder US-Waffen in Deutschland stationiert werden sollen, die weit bis nach Russland reichen. Darunter sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern sein, die technisch gesehen auch nuklear bestückt sein können, sowie Luftabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Hyperschallwaffen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) begründete dies mit einer „ernstzunehmenden Fähigkeitslücke“ in Europa. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte, die Entscheidung diene dazu, „dass kein Krieg stattfindet“.

Allerdings wurde auch kritisiert, dass im Vorfeld der Entscheidung keine Debatte stattgefunden hatte. So sagte etwa der frühere Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) der Düsseldorfer „Rheinischen Post“, ihn störe nicht „die Stationierungsabsicht selbst, sondern die Tatsache, dass es darüber in Deutschland keine öffentliche Debatte gibt“.

Es sei „einfach entschieden“ worden. Die Erhöhung der Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit mit solchen Waffensystemen benötige jedoch „das Verständnis für die Gründe einer solchen Stationierung in unserer Bevölkerung und mindestens eine mehrheitliche Zustimmung dazu“, erklärte der derzeitige Vorsitzende der Atlantik-Brücke. Unionsfraktionsvize Johann Wadephul hatte die Stationierung zwar begrüßt, aber zugleich eine Debatte im Bundestag dazu gefordert.

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Bedenken gegen die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland. „Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine verbessern, aber wir dürfen die Risiken dieser Stationierung nicht ausblenden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

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