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Prozess: Rechtsextremist ersticht 18-Jährigen - Hohe Strafe gefordert

Im August 2008 hat David B. sein Opfer kaltblütig im Badezimmer erstochen, um eine Zeugenaussage gegen ihn zu verhindern. Am Freitag soll das Urteil gegen den 20-Jährigen fallen.

Von Frank Jansen

Im Prozess gegen einen jungen Rechtsextremisten, der in seiner Wohnung in Bernburg einen 18-Jährigen erstochen haben soll, hat die Staatsanwaltschaft am Mittwoch eine hohe Strafe gefordert. David B. sei des Totschlags schuldig, sagte Anklägerin Marion Bernsmann in ihrem Plädoyer vor der Jugendkammer des Landgerichts Magdeburg und beantragte acht Jahre und sieben Monate Haft. Sie beschrieb B. (20) als Alkoholiker, der „aus nichtigem Anlass ein Menschenleben ausgelöscht hat“. Aus Sicht der Staatsanwältin ist es erwiesen, dass David B. am Morgen des 24. August 2008 im Badezimmer auf Marcel W. einstach, um eine Zeugenaussage des Opfers vor dem Amtsgericht Bernburg zu verhindern. David B. hatte im November 2007 Marcel W. zusammengeschlagen und musste mit einer empfindlichen Strafe rechnen, da er wegen einer anderen Tat noch unter Bewährung stand. Unklar bleibt allerdings, warum Marcel W. trotz dieser Vorgeschichte überhaupt zu David B. in die Wohnung gegangen war.

Für Staatsanwältin Bernsmann ist der Totschlag kein politisch motiviertes Delikt, auch wenn der Angeklagte dem rechten Spektrum zuzurechnen sei. Die Anwälte, die im Namen der Angehörigen des Opfers die Nebenklage vertraten, argumentierten anders. Der Fall sei symptomatisch für die Gewalttätigkeit der rechtsextremen Szene, sagte der Berliner Anwalt Sebastian Scharmer. Es liege womöglich sogar ein Mord vor, zumindest aber ein besonders schwerer Fall des Totschlags. Scharmer bezweifelte auch die Auffassung der Staatsanwältin, David B. sollte wegen „Reifeverzögerung“ noch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Die Anwälte der Nebenkläger kritisierten auch, dass die Staatsanwältin dem Angeklagten eine „möglicherweise“ verminderte Schuldfähigkeit zubillige, angesichts seines Alkoholkonsums, gerade auch in der Tatnacht.

Der Verteidiger von David B. bestritt hingegen das Tötungsverbrechen, obwohl der Rechtsextremist bei der Polizei die Tat weitgehend gestanden hatte – sie aber als „Notwehr“ darstellte, da er sich angeblich mit einem Einbrecher konfrontiert gesehen hatte. Dass David B. der Alleintäter sei, „ist Quark mit Soße“, sagte Anwalt Jan-Robert Funck in seinem Plädoyer. Er verdächtigt einen Kumpel von B., die tödlichen Messerstiche geführt zu haben. In der Tatnacht hielten sich in der Wohnung noch zwei weitere junge Männer auf, einer von ihnen schlug Marcel W. eine leere Bierflasche auf den Kopf, bevor es zu dem Gewaltexzess im Badezimmer kam.

Funck räumte allerdings ein, David B. habe dem Opfer einen Stich in den Bauch versetzt. Der Verteidiger forderte, die Strafkammer solle seinen Mandanten nur wegen gefährlicher Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren verurteilen und den Haftbefehl aufheben. David B. trat so auf, wie er es seit Beginn des Prozesses im Februar tat: nahezu kahl rasiert, weitgehend regungslos und stumm.

Der Fall ist eines von vier Tötungsverbrechen, die rechtsextremistische Täter im Sommer 2008 verübt hatten. Dreimal war Sachsen-Anhalt betroffen, einmal Brandenburg. Die Gerichte haben in den drei bislang abgeschlossenen Fällen unterschiedlich geurteilt. Die Richter im brandenburgischen Neuruppin bescheinigten den Tätern, die in Templin einen alkoholkranken Mann zu Tode geprügelt hatten, ein rechtsextremistisches Motiv. Bei den zwei Urteilen, die an den Landgerichten Dessau und Magdeburg verkündet worden, konnten die Strafkammern kein politisches Motiv erkennen. In Dessau war ein Mann gestorben, als ihn zwei Rechtsextremisten in einem Park schwer misshandelten. In Magdeburg trat ein Neonazi einen Kunststudenten zu Tode, weil ihm das Opfer keine Zigarette geben wollte. Im Fall David B. soll das Urteil am Freitag gesprochen werden.

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