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Prozessbeginn gegen Arid U.: Ein grausiges Kapitel Geschichte

Arid. U schrieb mit seinem Anschlag am 2. März auf dem Frankfurter Flughafen Geschichte: Es war der erste islamistische Angriff in Deutschland, der Tote forderte. Am Mittwoch beginnt der Prozess gegen den Attentäter.

Von Frank Jansen

Die amerikanischen Soldaten sind arglos und unbewaffnet. Keiner ahnt, dass der junge, südländisch aussehende Mann, der nach einer Zigarette fragt, ein fanatischer Killer sein könnte. Die GIs verstauen weiter ihr Gepäck in dem Bus der US-Luftstreitkräfte, der vor der Halle E des Frankfurter Flughafens stand. Sie bekommen nicht mit, dass Arid U. aus seiner Bauchtasche ein Pistolenmagazin holt und es in seinem halboffenen Rucksack in eine Waffe einführt.

Der 21-jährige Kosovo-Albaner wartet noch, bis fast alle Amerikaner in den Bus eingestiegen sind. Dann geht er auf den letzten, draußen stehenden Soldaten zu. Und schießt ihm in den Kopf. Arid U. steigt in den Bus und feuert auf den Fahrer. Auch er hat keine Chance. Beide Amerikaner sterben noch am Tatort. Der Kosovare schießt weiter und schreit "Allahu akbar". Zwei Soldaten werden lebensgefährlich verletzt. Dann gibt U. auf, die Waffe hat eine Ladehemmung. Beamte der Bundespolizei überwältigen den ins Flughafengebäude geflohenen Täter.

So hat sich aus Sicht der Ermittler am Nachmittag des 2. März der Anschlag abgespielt, mit dem Arid U. ein grausiges Kapitel Geschichte schrieb – es war in Deutschland der erste islamistische Angriff, der Tote und Verletzte forderte. Für die Tat muss sich der Kosovare von diesem Mittwoch an vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft Arid U. Mord, versuchten Mord, schwere Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung vor. Der Beschuldigte ist geständig. Er hat, davon sind die Ermittler überzeugt, auf eigene Faust gehandelt, ohne Hintermänner. Al Qaida hat dennoch im Internet Arid U. für seinen "Mut" gelobt.

In Sicherheitskreisen gilt der in Frankfurt bei seiner Familie aufgewachsene Kosovare als exemplarische Figur der Gefahr, die von islamistischen Einzeltätern und so genannten "homegrown terrorists" ausgeht. Und von der durch Internet und Moscheen dröhnenden Hetze salafistischer Prediger, die ein Leben nach urislamischen Regeln anstreben, mit archaischer Strenge. Arid U. inhalierte die Propaganda, im Internet und in einer Frankfurter Moschee. Doch er blieb auch ein Kind der Moderne. Der Kosovare hat mit iPod und Facebook und brachialen Computerspielen wie Ego Shooter seine Pubertät inszeniert. Und bei Facebook legte er sich den Kampfnamen "Abu Reyyan" zu. Mit Reyyan ist im Islam eines der Tore gemeint, die zum Paradies führen.

Arid U. gelangte über Facebook zu einem Dschihadisten-Video, das angeblich die Vergewaltigung einer muslimischen Frau durch amerikanische Soldaten zeigt. Den Film schaute sich Arid U. in der Nacht zum Tattag an. Obwohl die Schlüsselszene fiktiv ist, heizte sich der Kosovare derart auf, dass er mit der Waffe seines Bruders Rache üben wollte. Stunden später zog er los.

Verhandeln wird den Fall der 5. Strafsenat. Er hat in diesem Jahr bereits einen jungen Islamisten verurteilt. Rami M. (25), der auch aus Frankfurt am Main stammt, hatte sich in der Terrorszene im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet herumgetrieben. „Für die Rattenfänger in den Moscheen war er ein leichtes Opfer“, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel, nachdem er die Strafe verkündet hatte. Rami M. verbüsst jetzt vier Jahre und neun Monate Haft.

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