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Politik: Pudel adé

Parlamentsbericht empfiehlt London, sich politisch von den USA zu emanzipieren

Großbritannien darf seinen Einfluss auf die amerikanische Politik nicht überschätzen und muss damit rechnen, dass dieser weiter schwindet, warnt ein am Sonntag veröffentlichter Unterhausbericht. Die Parlamentarier empfehlen, den Begriff „special relationship“ aus dem diplomatischen Vokabular zu streichen. „Wir müssen in unserer politischen Beziehung mit den USA nüchterner werden und realistischer, was unsere Grenzen und unser nationales Interesse angeht“, so der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, Mike Gapes. Das Dokument empfiehlt eine selbstbewusstere, weniger „ehrerbietige“ Außenpolitik. Großbritannien müsse lernen, auch Nein zu den USA zu sagen.

Seit Präsident Barack Obama als erste Amtshandlung im Oval Office die Büste Winston Churchills abräumte, des „Vaters“ der „special relationship“, herrschen in Großbritannien Selbstzweifel und Unsicherheit. Obama hat wenig mit der alten, europaorientierten angelsächsischen Elite der USA gemeinsam. Mit rituellen Beschwörungen der Sonderbeziehung zu Großbritannien hielt er sich daher bisher zurück.

Das Londoner Außenministerium reagierte gelassen auf den Bericht. Wie man es nenne, sei unwichtig, aber „die Beziehung zwischen Großbritannien und den USA ist einzigartig und von einzigartiger Bedeutung für unsere nationale Sicherheit und den Schutz unserer nationalen Interessen“, sagte eine Sprecherin.

Der Bericht nennt die Globalisierung, die geopolitische Hinwendung der USA zu ihren Nachbarn auf dem amerikanischen Kontinent und zu den Pazifik-Anrainerstaaten, aber auch Großbritanniens eigene schwindende Leistungsfähigkeit als Gründe für seine Analyse. „Der Einfluss, den Großbritannien als Konsequenz seines militärischen Engagements auf Entscheidungen der USA hat, wird schwinden. Langfristig wird Großbritannien auf die USA nicht in dem Maße einwirken können, wie das bisher der Fall war.“ Dies gelte aber für alle Europäer, die ihren Einfluss auf die USA nicht überschätzen dürften. Robert Kagan, dessen Buch „Macht und Ohnmacht“ die militärische Abhängigkeit Europas von den USA thematisiert, sprach von einem Paradox. „Die Europäer halten Obama für einen der ihren und glauben, er sei Präsident geworden, um die Beziehungen mit Europa zu reparieren. Nun haben sie das Gefühl, er hat kein Interesse an ihnen.“

Churchill nutzte die britisch-amerikanische Blutsverwandtschaft, um die Amerikaner gegen Hitler zu Hilfe zu rufen. In der Periode des Kalten Krieges, vor allem in der Ära von Margaret Thatcher und Ronald Reagan, war die „special relationship“ Großbritanniens Hebel, um weltpolitischen Einfluss zu haben. Doch im Irakkrieg wurde der britische Premier Blair als „Bushs Pudel“ belächelt, und das Konzept der „besonderen Beziehung“ wurde umstritten.

Gordon Brown ernannte bei seinem Amtsantritt als Premier einen erklärten Amerikakritiker, Lord Malloch Brown, zum Staatsminister im Außenministerium. Doch vier Wochen nach diesem angeblichen Affront bezeichnete er bei seinem Antrittsbesuch die Beziehung mit den USA als „wichtigste bilaterale Beziehung“ seines Landes.

Nun sind die Briten wegen der mangelnden Unterstützung der USA im Konflikt mit Argentinien um die Falkland-Inseln besorgt. Zeitungen witterten Verrat, als Außenministerin Hilary Clinton UN-Verhandlungen forderte. Doch die USA waren in dem Konflikt bisher immer neutral geblieben.

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