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Rabbiner-Ausbildung: "Renaissance des Judentums"

Mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Ende der Nazi-Herrschaft werden in Dresden erstmals wieder Rabbiner ordiniert.

Dresden - Es ist die erste Amtseinführung jüdischer Geistlicher in Deutschland seit 1940. Die ersten drei Anwärter werden in einem Gottesdienst in der Neuen Dresdner Synagoge in das Rabbineramt eingeführt. Der 47 Jahre alte Daniel Alter stammt aus Deutschland, der 35 Jahre alte Tomas Kucera aus Tschechien und der gleichaltrige Malcolm Mattitiani aus Südafrika. Nach ihrer Ordination (Smicha) werden sie Gemeinden in München, Oldenburg und Kapstadt übernehmen. Bereits am Mittwoch war im Dresdner Rathaus eine akademische Abschlussfeier geplant.

Die Ausbildung zum Rabbiner ist in Deutschland derzeit ausschließlich am Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam möglich. Der Kollegsrektor, Rabbiner Walter Homolka, hob im Vorfeld die Bedeutung der Ordination hervor. Sie sei ein Meilenstein auf dem Weg hin zur "Renaissance des Judentums in Deutschland".

Das Abraham Geiger Kolleg ist das erste Rabbinerseminar, das nach dem Holocaust in Mitteleuropa eingereichtet wurde. Die Einrichtung soll Rabbinernachwuchs auch für andere Länder in Zentral- und Osteuropa ausbilden. Namensgeber ist Abraham Geiger, der sich 1836 für die Gründung einer jüdisch-theologischen Fakultät stark gemacht hatte, um sich in akademischer Freiheit der jüdischen Tradition zu widmen. 1942 schlossen die Nationalsozialisten die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. Damit endete eine Ära, die mit Geiger ihren Anfang genommen hatte.

Fünfjährige Ausbildung

Das private Abraham Geiger Kolleg in Potsdam wurde 1999 gegründet und nahm 2001 die ersten Studenten auf. Es gilt als Ausbildungsstätte für liberale Juden und wird durch den Zentralrat der Juden in Deutschland, den Bund und die Leo Baeck Foundation gefördert. Das Kolleg ist Mitglied der World Union for Progressive Judaism. Die Studenten absolvieren vor Antritt ihres Rabbineramtes eine fünfjährige Ausbildung, die sie mit einen Magisterabschluss im Fach Jüdische Studien beenden. Während der Ausbildung erhalten sie auch Unterricht in Geschichte, Philosophie und Pädagogik. Für die spätere Arbeit in den Gemeinden erhalten die Studenten umfassende Einweisungen in die psychosoziale Betreuung und die seelsorgerische Praxis.

Momentan bereiten sich am Abraham Geiger Kolleg zehn Studenten auf ihre künftige Arbeit als Rabbiner vor, darunter eine Frau. Die Studenten kommen aus Deutschland, der Ukraine und Russland. Das Studium ist gebührenfrei. Studenten aus deutschen Gemeinden erhalten vom Zentralrat ein monatliches Stipendium in Höhe von 750 Euro. Unterrichtssprache ist Deutsch. Die nächsten Absolventen sollen 2008 ordiniert werden.

Derzeit gibt es in Deutschland 27 Rabbiner für 105 jüdische Gemeinden, deren Mitgliederzahl nach dem Zuzug jüdischer Einwanderer vor allem aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion auf rund 100 000 angewachsen ist. Derzeit hat nur etwa jede fünfte jüdische Gemeinde in Deutschland einen Rabbiner. Nur wenige der hier tätigen jüdischen Geistlichen stammen aus dem deutschen Sprach- und Kulturraum. Zumeist kommen sie aus den USA, Israel und Großbritannien. Die Mehrzahl ist älter als 70 Jahre. (Von Alessandro Peduto, ddp)

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