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Politik: Rechtsextremismus: Die Gaststätte ist nur Fassade

Die Neonazi-Szene nennt die Gaststätte "Club 88" in Neumünster "die älteste Kneipe der nationalen Szene". Vor gut dreieinhalb Jahren haben es Rechtsextreme geschafft, diesen Treff zu installieren.

Die Neonazi-Szene nennt die Gaststätte "Club 88" in Neumünster "die älteste Kneipe der nationalen Szene". Vor gut dreieinhalb Jahren haben es Rechtsextreme geschafft, diesen Treff zu installieren. Der demokratische Rechtsstaat hat sich an ihm bisher nur Zähne ausgebissen.

Nach außen handelt es sich um eine scheinbar normale Kneipe, in der alle Vorschriften des Gaststättenrechts eingehalten werden. Die Juristen und die Aufsichtsbehörde für Gaststätten im Kieler Wirtschaftsministerium sehen deshalb keine rechtliche Basis, um den Club zu schließen.

So könne der Inhaberin der Konzession keine Unzuverlässigkeit im Sinne des Gaststättenrechts nachgewiesen werden. Die Frau ist aber in einer rechtsextremen Organisation aktiv. Im Kieler Innenministerium heißt es zu einer Schließung der Kneipe mit dem harmlos klingenden Namen, dass die Vorschriften des Versammlungsrechts und des Vereinsgesetzes nicht greifen würden.

"Club 88" steht im Code der Szene für "Club Heil Hitler", die Ziffer acht steht für den achten Buchstaben im Alphabet, das "H". Zusammen mit dem Slogan "The very last resort", wie er auf der Internet-Homepage auftaucht, ergibt sich daraus "Heil Hitler - der allerletzte Ausweg".

Dass es sich um einen Treff der extremen rechten Szene handelt, ist völlig unbestritten: Sowohl im Verfassungsschutzbericht für Schleswig-Holstein als auch nach Beobachtungen der Gegner der Einrichtung hat sich der "Club 88" zum norddeutschen Neonazi-Zentrum entwickelt.

Während der Woche kommen nur relativ wenige Skinheads in die lediglich 36 Quadratmeter große Kneipe. Wenn aber zu Freibier eingeladen wird, treffen sich schon mal 200 Rechtsextreme dort.

Der politische Widerstand gegen den Extremisten-Treff kam bisher nicht in Gang. Im Stadtparlament versuchte eine Ratsfrau der Grünen mehrfach den Club zum Thema zu machen. Nachdem sie jedoch massiv von Rechtsextremisten eingeschüchtert wurde, hielt auch sie sich zurück und äußert sich seit längerer Zeit nicht mehr.

Jetzt versucht es der Geschäftsführer der IG Metall in Neumünster, Peter Seeger. "Die muss man auch politisch bekämpfen, wenn es angeblich juristisch keine Handhabe gibt", fordert er. Oberbürgermeister Hartmut Unterlehberg (SPD) wirft er vor, sich hinter Formalien zu verstecken. Seeger hat zur Gründung eines breiten Aktionsbündnisses alle Parteien, Arbeitgeber, Kirchen und andere Gruppen eingeladen.

Aus dem Ordnungsamt heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme, nach geltendem Recht könne ein Schließen des Betriebs nicht gerichtsfest angeordnet werden. Einen ersten kleinen Erfolg gegen den "Club 88" hat bisher Gewerkschafter Peter Seeger erzielt. Nach Gesprächen mit der Brauerei, die den rechten Treff mit Bier versorgt, entfernte diese sofort ihr Werbeschild neben dem Eingang. Das Bier wird nun nicht mehr an den Club geliefert.

Rüdiger Ewald

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