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Politik: Rechtsextremismus: Otto Schily will den NPD-Marsch am Brandenburger Tor verhindern. Statt auf schärfere Gesetze setzt er auf den Bundesgrenzschutz

Otto Schily malt ein düsteres Bild an die Wand. Vor dem neuen Holocaust-Denkmal in Berlin, das bald in der Nähe des Brandenburger Tores stehen wird, marschiert die rechtsextreme NPD auf und verhöhnt den millionenfachen Tod von Menschen unter der Gewaltherrschaft der Nazis.

Otto Schily malt ein düsteres Bild an die Wand. Vor dem neuen Holocaust-Denkmal in Berlin, das bald in der Nähe des Brandenburger Tores stehen wird, marschiert die rechtsextreme NPD auf und verhöhnt den millionenfachen Tod von Menschen unter der Gewaltherrschaft der Nazis. "Man muss sich das nur mal vergegenwärtigen... eine für jeden Demokraten unerträgliche Vorstellung." Der SPD-Bundesinnenminister sieht akuten Handlungsbedarf - auch weil so ein "Schauder-Stück" schon am Jahrestag der Auschwitz-Befreiung am 27. Januar 2001 am Brandenburger Tor über die Bühne gehen könnte.

Zwar besteht für Schily in der gegenwärtigen Phase wachsender Gewalt von Rechts generell keine Notwendigkeit für neue Gesetz gegen den Rechtsextremismus in Deutschland. "Aber wir müssen darüber reden, wie künftig der Marsch der Rechten durchs Brandenburger Tor verhindert werden kann." Berlins Innensenator Eckart Werthebach (CDU) will das schon länger, damit Aufmärsche rechtsextremer Organisationen "an besonders herausragenden und öffentlichkeitswirksamen Orten" verhindert werden können.

Ansonsten sieht sich Schily als Bundesinnenminister mitten in der Rechtsextremisten-Diskussion nicht in der Rolle des vorrangig Handelnden. "Zu glauben, ich bin der Teufelsaustreiber der Nation, der in der Lage ist, den Rechtsextremismus über Nacht aus der Welt zu schaffen, ist falsch." Die wichtigsten Aufgabenfelder gegen Rechts liegen für ihn bei den Ländern und Kommunen.

Ein Vergleich zum Linksterror der Rote Armee Fraktion bietet sich für Schily nicht. "Die RAF wollte einen Umsturz. Heute handelt es sich um eine diffuse Szene - Einzeltäter, Exzesstaten sind darunter, häufig spielt der Alkohol eine Rolle." Schily will "entschiedene Härte", konsequente Strafverfolgung und schnelle Urteile. Das Bewusstsein, alle Menschen gleich welcher Hautfarbe vor Gewalt zu schützen, müsse in der Bevölkerung verankert werden. Er nennt Maßnahmen der Bundesregierung - "Einzelmaßnahmen" wie das Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Gewalt.

Letztlich doch Ratlosigkeit im Kampf gegen Rechts? Für die Fragenden ist der Bundesminister, der für Gesetz und Recht stehe, ungewöhnlich zurückhaltend. Was tut die rot-grüne Bundesregierung zusätzlich? Bei der Kampfhund-Diskussion habe der Staat schnell reagiert, bei den Rechtsradikalen vermisse man den gleichen Elan. Schily reagiert beißend. "Der Staat kann weder ein Zuchtverbot für Rechtsradikale verhängen, noch besonders aggressive Exemplare einschläfern lassen."

Ein Gefühl der Ohnmacht dürfe nicht aufkommen, sagte Schily. Plötzlich erteilt er quasi beiläufig einen Prüfungsauftrag zur Einschaltung der Bundespolizei in die Bekämpfung der Gewalt von Rechts. "Wo es gefährdete Regionen gibt, müssen sich Land und Bund überlegen, ob wir nicht auch mit dem Bundesgrenzschutz helfen können. Wir haben ja keine Nationalgarde, aber ich erinnere mich, wie im Süden der USA der gemeinsame Schulbesuch für Schwarze durchgesetzt wurde."

Die Bundespolizei im Einsatz gegen Rechts - für die Deutsche Polizeigewerkschaft ist das ein schwieriger Balanceakt. "Dies darf nur im Rahmen der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben des Bundesgrenzschutzes erfolgen und muss sehr besonnen und praxisorientiert geplant und umgesetzt werden", warnte die Gewerkschaft am Sonntag. Zudem blicken die Polizeigewerkschafter auf ihr Bild der Realität: Der Bundesgrenzschutz sei mit seinen gesetzlichen Aufgaben an den Grenzen, auf den Flughäfen, den Bahnhöfen und Bahnanlagen "bis auf jede Polizistin und jeden Polizisten ausgelastet".

Klaus Von Elmpt

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