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Ein Ausbilder der Bundeswehr überprüft auf einem Truppenübungsplatz in Ahlen die entleerten Waffen der Rekruten in der Grundausbildung.

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Reform der Bundeswehr: Wie die Truppe aussehen könnte

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg legt fünf Modelle zur Verkleinerung der Armee vor – nun hat die Unions-Basis das Wort.

Von Michael Schmidt

Berlin - Die Bundeswehr befindet sich im dramatischsten Umbau seit ihrer Gründung 1955. Nach dem Willen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg soll sie „kleiner, aber besser und leistungsfähiger“ werden, mit weniger Personal, aber mehr Einsatzkraft. Das ist die politisch gewünschte Marschrichtung. Hinzu kommt das Spardiktat vom Kabinettskollegen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): Der fordert bis 2014 acht Milliarden Euro vom Baron im Bendlerblock. Am Montag präsentierte der seinen Plan, wie er das schaffen will.

Die Vorgaben sind ehrgeizig. Weiteren Standorten droht die Schließung – mit allen Folgen, die das für die Soldaten mit ihren Familien und auch die regionale Wirtschaft hat. Der Generalinspekteur könnte erweiterte Befugnisse erhalten und zu einer Art Generalstabschef aufgewertet werden, wie er in anderen Nato-Staaten üblich, in der Bundesrepublik aber wegen der Erfahrungen mit der Wehrmacht in der NS-Zeit verpönt ist. Am härtesten könnte es das Heer treffen. Die größte Teilstreitkraft der Bundeswehr könnte nahezu halbiert, um 40 000 auf 54 500 Mann verkleinert werden. Zudem sollen sämtliche Strukturen auf den Prüfstand kommen, die Verwaltung verschlankt, Doppelstäbe aufgelöst werden. Und last but not least geht es um den Fortbestand oder die Abschaffung der Wehrpflicht.

Guttenbergs Haus – in Person vor allem von Generalinspekteur Volker Wieker – hat fünf Modelle für die Bundeswehr der Zukunft erarbeitet. Modell eins: Es bleibt bei der Wehrpflicht, die Truppe wird bis 2012 in zwei Stufen auf 205 000 Soldaten reduziert. Modell zwei: Die Einberufungen enden Mitte 2011, die Soldatenzahl sinkt in drei Schritten bis 2013 auf 150 000. Modell drei: Die Einberufungen enden Mitte 2011, die Gesamtstärke sinkt in sechs Schritten bis 2016 auf 156 000. Modell vier: Die Einberufungen enden Mitte 2011, aber die Zahl der freiwillig Dienstleistenden sinkt von derzeit 25 000 nicht auf null, sondern bis 2013 auf 7500. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten bis 2016 in sechs Schritten auf 156 000, unterm Strich also 163 500 Soldaten. Modell fünf: In zwei Stufen geht es bei Wehrpflicht (2012) und freiwilligem Dienst (2013) auf null, während die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten bei 180 000 bleibt.

Guttenberg bevorzugt, wie er am Montag bekannt gab, Modell vier. Bundeskanzlerin Angela Merkel tendiert dazu, auch Modell eins weiter im Rennen zu halten und somit je nach Votum der CDU- und CSU-Basis der Wehrpflicht noch eine Chance zu geben, die über Jahrzehnte zum Kernbestand der Unions-Identität gehörte. Welches Reformmodell sich durchsetzt, wird deshalb wohl vor allem von der Unions-Basis abhängen, bei der die Wehrpflicht weiter große Unterstützung genießt. CDU und CSU wollen auf Parteitagen über Guttenbergs Konzept beraten.

Lagepeilung. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) muss die Bundeswehr massiv umbauen. Folgt ihm die Union? Foto: dpa

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Das grundsätzliche Problem mit der aktuellen Struktur ist folgendes: Obwohl die Truppe insgesamt 252 000 Soldaten zählt, kann sie gleichzeitig nur zwischen 7000 und 8000 in den Auslandseinsatz schicken. Der Minister will die Streitkräfte „mehr vom Einsatz her denken“. Das geht nur ohne Wehrpflichtige. Denn deren Erfassung, Musterung und Ausbildung bindet mehr als zehntausend Mitarbeiter der Bundeswehr, sie können während ihres sechsmonatigen Wehrdienstes weder in den Einsatz geschickt noch anderswo nachhaltig beschäftigt werden. Zudem hat Guttenberg Zweifel, ob eine Einberufungsquote von 13 bis 16 Prozent auf Dauer verfassungsfest ist. Darum ist er, der sich früher einen „glühenden Anhänger der Wehrpflicht“ nannte, nun überzeugt, dass „die Diskussion schon seit Jahren überfällig ist und viel zu lange nicht mit der nötigen Intensität geführt wurde“.

Dass die Kanzlerin jetzt erst einmal die bevorstehende Debatte abwarten wolle, reizte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast zu der rhetorischen Fragen, wo Angela Merkel denn in den vergangenen zehn Jahren war: Diese Debatte über den Sinn der Wehrpflicht sei „ja so uralt, dass jeder die verschiedenen Argumente, die es dafür und dagegen gibt, rauf und runter beten kann“. Künast forderte Merkel auf, „sich nicht hinter Arbeitskreisen oder weiteren Debatten zu verstecken, sondern eine Entscheidung zu treffen“.

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