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Politik: Reformen – auf dem Papier

Der arabische Gipfel verspricht Menschenrechte und Meinungsfreiheit

Für den libyschen Revolutionsführer Gaddafi war es ein kurzer Ausflug: Er reiste erst in letzter Minute zum Gipfel der Arabischen Liga in Tunis an, rauchte dann genüsslich eine Zigarette im Festsaal und verließ noch während der Begrüßungsansprache von Generalsekretär Amr Mussa den Saal. Die Organisation vertrete nicht die „Agenda“ der arabischen Straße, erklärte er. Dann reiste das „enfant terrible“ der arabischen Welt ab und überließ seinen Kollegen die Debatte hinter geschlossenen Türen über Reformen, die Lage in Irak und Palästina.

Zufrieden schien dagegen Gastgeber Tunesien. Bei der Abschlusssitzung am Sonntagnachmittag war dem tunesischen Staatspräsidenten Ben Ali die Erleichterung anzumerken. Die angereisten Staats und Regierungschefs hatten sich bis auf Gaddafi keine Ausfälle vor laufenden Kameras geleistet und sich auf eine 13-Punkte-Erklärung einigen können. Ob das Ergebnis die eigenen Bevölkerungen und den Westen auch so erfreuen wird, ist weniger sicher. Denn es gab zwar eine Erklärung zu politischen Reformen in der Arabischen Welt, in der fast alle wichtigen Vokabeln vorkommen: Größere politische Beteiligung der Bevölkerung, Respekt internationaler Menschenrechte und Meinungsfreiheit entsprechend internationaler Abkommen, Unabhängigkeit der Justiz. Die Stärkung der Rolle von Frauen und ihre Beteiligung an Entwicklung, Erziehungsreformen und „Good Governance“ werden in dem Dokument als Ziele des Entwicklungsprozesses angegeben. Damit verpflichten die arabischen Regierungen sich erstmals selbst zu politischen Reformen. Das ist zumindest formal ein Fortschritt.

Allerdings wird gleich im ersten Punkt des Dokuments eingeschränkt, dass diese Reformen nur entsprechend den „kulturellen und religiösen Werten und den Möglichkeiten" der einzelnen arabischen Gesellschaften umgesetzt werden sollten. Denn es gibt keine kollektiven Vorgaben oder Kontrollmechanismen, ob die vagen Ankündigungen auch umgesetzt werden.

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