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Ein Hakenkreuz und ein durchgestrichener Davidstern sind an einer Gedenkstätte in Berlin zu sehen.

© Daniel Reinhardt/dpa

Deutschland vor UN-Menschenrechtsrat: Regierung gibt Handlungsbedarf bei Antisemitismus zu

Es waren bohrende Fragen: Bei der der turnusmäßigen Anhörung in Genf ging es um die Anfeindungen von Bevölkerungsgruppen in Deutschland.

Es war kein bequemer Termin: Die Bundesregierung stand am Dienstag in Genf vor dem UN-Menschenrechtsrat Rede und Antwort. Zwar gehört Deutschland zu den Ländern, die weltweit ihren Bewohnern höchste Standards bei den Menschenrechten bieten. Doch angesichts einer Welle von Antisemitismus, Rassismus und fremdenfeindlicher Übergriffe sah sich die Bundesregierung veranlasst, akuten Handlungsbedarf in Deutschland zuzugeben.

„Wir wissen, dass es rassistische Haltungen und diskriminierende Einstellungen in verschiedensten Teilen unserer Gesellschaft gibt, denen wir uns entgegenstellen müssen“, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, in Genf. Sie sprach bei der turnusmäßigen Anhörung von Anfeindungen gegen Bevölkerungsgruppen – an erster Stelle erwähnte Kofler Attacken gegen Juden.

Andere Staaten stellen der Bundesregierung bohrende Fragen zur Lage der Juden: So wollte Großbritannien wissen, wie der deutsche Staat gegen „das Anwachsen der antisemitischen Vorfälle“ an Schulen vorgehe?

Werden die Täter zur Rechenschaft gezogen?

Brasilien fragte: Wie reagieren deutsche Behörden auf die „Angriffe“ auf Synagogen und andere Gotteshäuser? Werden die Täter zur Rechenschaft gezogen?

Auch aus Deutschland selbst waren warnende Stimmen über Judenfeindlichkeit zu vernehmen. Margarete Bause, die Sprecherin für Menschenrechtspolitik der Grünen im Bundestag, beklagte die „stabilen antisemitischen Vorurteile“ in Deutschland. Stereotype wie der „jüdische Weltkapitalismus“ reichten „bis in die Mitte der deutschen Gesellschaft“.

Beate Rudolf vom Deutschen Institut für Menschenrechte bestätigte: „Wir haben in Deutschland schon lange ein Problem mit Antisemitismus in der angestammten Bevölkerung.“ Jetzt verschärfe sich die Lage durch eine „neue Form“ des Antisemitismus: die Judenfeindlichkeit von Zuwanderern.

Bärbel Kofler betonte jedoch: „Die Bundesregierung hat die jüngsten antisemitischen Angriffe scharf verurteilt und bekannt, mit Härte und Entschlossenheit dagegen vorzugehen.“ Sie setzt zudem Hoffnungen in den neuen Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung und auch Bildungsprogramme gegen Judenfeindlichkeit.

Andere Staaten formulieren Empfehlungen

Während der Debatte in Genf formulierten die Staaten eine Reihe von Empfehlungen an Deutschland. Das Ziel: die Verbesserung der Menschenrechtslage in der Bundesrepublik. Darunter befanden sich auch „problematische Empfehlungen“, urteilte das Deutsche Institut für Menschenrechte. Es waren Empfehlungen von Staaten wie Kuba, Venezuela oder Afghanistan, Ländern also, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

Die Bundesregierung kann die Empfehlungen annehmen, ablehnen oder einfach zur Kenntnis nehmen. Bei der letzten Anhörung Deutschlands im Jahr 2013 formulierten die anderen Staaten 200 Empfehlungen: Die Bundesregierung akzeptierte immerhin über 160 davon.

Jan Dirk Herbermann

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