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Politik: Regierung vor Gericht

Wulff-Affäre: SPD klagt gegen das Kabinett in Hannover – erfolglos, vermuten Beobachter.

Bückeburg - Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) gab sich am Freitag fast schon wie der sichere Sieger: „Die SPD hat sich ja hier gleich zwei Klatschen abgeholt“, sagte Möllring süffisant. „Für die Landesregierung ist es ausgesprochen gut gelaufen“, so sein Fazit nach der Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg.

Das Gericht beriet im Zusammenhang mit dem Fall Christian Wulff über eine Klage der SPD-Landtagsfraktion und des SPD-Abgeordneten Heiner Bartling. Diese werfen der schwarz-gelben Landesregierung vor, den Landtag über Details der Affäre um den ehemaligen CDU-Ministerpräsidenten und späteren Bundespräsidenten wissentlich falsch informiert und damit die Auskunftspflicht des Artikel 24 Landesverfassung („nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig“) missachtet und damit einen schweren Verfassungsbruch begangen zu haben.

Zunächst jedoch schmetterte Staatsgerichtshofpräsident Jörn Ipsen einen Antrag der Sozialdemokraten auf Verschiebung der mündlichen Verhandlung wegen der Urlaubszeit ab. Und er drängte die SPD-Anwälte dazu, einen offensichtlich wegen Fristablaufs unzulässigen Zusatzantrag zur Klage zurückzunehmen – beides Gründe für Möllrings Jubel. Und obwohl sich SPD-Fraktionschef Stefan Schostok offiziell ebenfalls zuversichtlich gab, vermuteten in der eigentlichen Sache selbst SPD-freundliche Beobachter, dass die Kläger eher nicht auf eine Rüge des Staatsgerichtshofes für die Regierung kurz vor der Landtagswahl im Januar 2013 hoffen sollten. „Das wird eine Bruchlandung“, resümierte ein Volljurist mit SPD-Parteibuch.

Speziell geht es in Bückeburg um die finanzielle Beteiligung des Landes Niedersachsen an der von dem privaten Partymanager Manfred Schmidt im Dezember 2009 organisierten Promi-Sause „Nord-Süd-Dialog“ auf dem Flughafen Hannover. Derlei Zuschüsse hatte die Regierung abgestritten, zunächst im Frühjahr 2010 noch unter Christian Wulff, dann durch Möllring am 19. Januar 2012 im Parlament, als die Vorwürfe gegen den damaligen Bundespräsidenten und seinen Vertrauten Olaf Glaeseker immer heftiger wurden. Nur einen Tag später wurde jedoch bekannt, dass die landeseigene Medizinische Hochschule Hannover 44 Studenten kostenlos als Servicekräfte für die Feier abgestellt hatte. Am 21. Januar folgte die Erkenntnis, dass das CDU-geführte Landwirtschaftsministerium 800 Kochbücher im Wert von 3411 Euro für die Geschenktüte, die den Partybesuchern überreicht worden war, beigesteuert hatte. „Heute sind wir natürlich alle schlauer“, sagte Möllring nun am Freitag. Aus damaliger Sicht sei seine Antwort jedoch korrekt gewesen. Ex-Regierungssprecher Glaeseker sei damals für Rückfragen nicht erreichbar gewesen.

Dass möglicherweise aus damaliger Sicht Aussagen korrekt erschienen, die sich aber aufgrund des späteren Informationsstandes im Nachhinein als falsch erwiesen haben, dürfte für Gerichtspräsident Ipsen und seine acht Kollegen die maßgebliche Rolle spielen – dies ließen sie bei der Verhandlung durchblicken. Mit einem Urteil wird in vier bis sechs Wochen gerechnet. Peter Mlodoch

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