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Politik: Regierungskrise in Israel: Barak nach Umfragen jetzt vor Scharon

Israels Ministerpräsident Ehud Barak würde seinem früheren Gegner Benjamin Netanjahu haushoch unterliegen, "wenn heute Wahlen wären". Gegen Oppositionsführer Ariel Scharon hätte Barak allerdings deutliche Gewinnchancen.

Israels Ministerpräsident Ehud Barak würde seinem früheren Gegner Benjamin Netanjahu haushoch unterliegen, "wenn heute Wahlen wären". Gegen Oppositionsführer Ariel Scharon hätte Barak allerdings deutliche Gewinnchancen. Dies ergab die erste Meinungsumfrage nach der Entscheidung des Parlaments für die Auflösung der Knesset und vorgezogene Neuwahlen am Dienstagabend.

Nach der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Tageszeitung "Jedioth Achronoth" käme Netanjahu, der noch nicht einmal seine Kandidatur erklärt hat, bei der Direktwahl zum Ministerpräsidenten auf 51 Prozent vor Barak mit 37 Prozent. Allerdings konnte Barak im Vergleich zur letzten Woche fünf Prozent zulegen. Bei der Wahl im Mai 1999 hatte er seinen Vorgänger noch mit 56 zu 44 Prozent deutlich besiegt. Im Vergleich zu Likud-Chef Ariel Scharon, der vor einer Woche noch mit 41 zu 37 Prozent vor Barak lag, konnte Barak das Ergebnis umdrehen. Er führt jetzt vor dem 72-jährigen Scharon mit 44 zu 39 Prozent. Sowohl Barak als auch Scharon haben bereits ihre Kandidatur für die Direktwahl zum Ministerpräsidenten bestätigt, obwohl das Gesetz zur Auflösung der Knesset vermutlich erst in einigen Wochen verabschiedet wird.

Der Weltsicherheitsrat hatte am Mittwochabend in New York erstmals offiziell über eine Beobachtertruppe für die Palästinensergebiete beraten. Ein von mehreren blockfreien und arabischen Ländern vorgelegter Resolutionsentwurf sieht die Entsendung von 2000 unbewaffneten Blauhelmsoldaten in den seit Wochen von blutigen Unruhen erschütterten Gazastreifen und das Westjordanland vor. Israels Justizminister Jossi Beilin bezeichnete die Forderung nach einer Beobachtertruppe als "blödes Thema". Nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte er am Mittwochabend in New York: Die Truppe "hilft niemandem vor Ort", sie helfe auch den Palästinensern nicht. Dagegen erklärte ein UN-Vertreter der Palästinenser, dass 14 der 15 Mitglieder im Sicherheitsrat den Resolutionsentwurf unterstützen. Es sei aber noch nicht klar, ob die USA die Entsendung der Beobachtertruppe mit ihrem Vetorecht verhindern. Eine Abstimmung könne noch in dieser Woche erfolgen, hieß es.

Führende Palästinenser drückten am Mittwoch die Hoffnung aus, dass eine neue israelische Regierung sich für eine friedliche Regelung des Nahost-Konflikts einsetzen werde. Der palästinensische Minister für parlamentarische Angelegenheiten, Nabil Amer, sagte: "Wir werden jede Regierung akzeptieren, die einen Vorschlag macht, der im Einklang mit unseren Forderungen steht." Die Palästinenser fordern einen vollständigen israelischen Abzug aus dem Westjordanland und Gazastreifen, die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge und die Einrichtung eines eigenen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Nach der Ankündigung von Neuwahlen in Israel will Ägypten angeblich in der kommenden Woche einen Nahost-Gipfel organisieren. Israelische Medien berichteten, der Gipfel mit Ministerpräsidenten Barak und dem Palästinenser-Präsidenten Arafat solle entweder in Kairo oder Amman stattfinden. Arafat bestritt aber später eine derartige Initiative. Ägyptens Außenminister Amre Mussa nannte die israelische Ankündigung "nicht richtig". Arafat haben sich seit Beginn der Unruhen in den Autonomiegebieten Ende September erst ein Mal getroffen, auch Telefongespräche waren selten.

Israel wiederholte jedoch seine Position, die Friedensgespräche könnten erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Ausschreitungen unter Kontrolle seien. "Wir können nicht miteinander reden, wenn wir an Ärger oder Trauer ersticken", sagte Kabinettsminister Amnon Lipkin-Schahak. Die Unruhen gingen in den vergangenen Tagen etwas zurück. Trotzdem blieb die Lage in den palästinensischen Autonomiegebieten gespannt. Ein Israeli wurde von palästinensischen Schützen schwer verletzt. Nach israelischen Militärangaben wurden zwei Palästinenser erschossen, die versucht hatten, vom Gazastreifen nach Israel einzudringen. Die Palästinenser bestritten aber den Vorfall. Im Westjordanland wurde ein 14-jähriger Palästinenser von einem israelischen Siedler angefahren und tödlich verletzt. Die Familie des Jungen beschuldigte den Israeli, ihn mutwillig überfahren zu haben. Der Siedler beging Fahrerflucht.

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