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Politik: Regierungswechsel im Libanon: Multimilliardär Rafik Hariri siegt bei Parlamentswahlen

Der libanesische Ministerpräsident Selim el Hoss hat am Montag seine Niederlage bei den Parlamentswahlen von Sonntag eingeräumt, aus denen sein Vorgänger Rafik Hariri offenbar als Sieger hervorging. Hoss sagte vor der Bekanntgabe des Ergebnisses, dass er sich diesem beuge, bezeichnete die Wahlen aber zugleich als undemokratisch.

Der libanesische Ministerpräsident Selim el Hoss hat am Montag seine Niederlage bei den Parlamentswahlen von Sonntag eingeräumt, aus denen sein Vorgänger Rafik Hariri offenbar als Sieger hervorging. Hoss sagte vor der Bekanntgabe des Ergebnisses, dass er sich diesem beuge, bezeichnete die Wahlen aber zugleich als undemokratisch. Bei der zweiten Runde der Parlamentswahlen in Libanon hat das Lager des Oppositionspolitikers Hariri nach Presseberichten alle 19 in der Hauptstadt Beirut vergebenen Sitze gewonnen.

"Hariri und sonst niemand. Hariri ist der Retter der Sunniten", die Wahlhelfer des levantinischen Tycoons feierten vor und auch in den Wahlbüros schon im voraus den Sieg ihres Idols - am Sonntag, dem zweiten Tag der Parlamentswahlen im Libanon, befand sich zumindest Westbeirut, Hochburg der sunnitischen Moslems, in einem veritablen Hariri-Fieber. Ein Fieber, das inzwischen fast landesweit um sich greift, denn nach der vorläufigen Stimmauszählung scheint ein überwältigender Wahlsieg des Milliardärs so gut wie sicher. Sicher scheint auch, dass der neue Premierminister des Zedernstaats Refic Hariri heissen wird; die Zustimmung des syrischen Präsidenten Bachar El Assad, dürfte wohl ebenfalls gegeben sein - den Syrern, militärisch, aber auch mit über einer Million "Gastarbeitern" im Nachbarland präsent, geht es vor allem um wirtschaftliche Partizipation an der - derzeit - darniederliegenden Ökonomie des Libanon. Wie kein Anderer verkörpert der bullige Selfmademann aus der südlibanesischen Hafenstadt Saida wirtschaftliche Prosperität, ihm traut man in Beirut, aber auch in Damaskus, noch am ehesten zu, die so dringend benötigten Auslandsinvestitionen wieder flottzumachen. Knapp die Hälfte aller Libanesen lebt am Rande des Existenzminimums, Hariri, gilt da vielen als Hoffnungsträger, die sich Jobs und dadurch auch steigende Kaufkraft erhoffen. Doch nicht alle glauben an wirkliche Veränderung und gingen gar nicht ewrst zur Wahl: Die Wahlbeteiligung war laut Innenminister Michel Murr sehr gering. In Beirut lag sie demnach bei rund 30 Prozent, im Osten und Süden des Landes bei etwa 45 Prozent.

Die Aura des großen Geldes bescherte dem vermutlichen Wahlsieger Hariri freilich auch, als Folge seiner ersten Amtszeit als Premier von 1992 bis 1996, den Hautgout der Korruption und Vetternwirtschaft, mehrere hohe Staatsbeamte und auch einige Minister dieser Ära mussten sich wegen persönlicher Bereicherung am Staatssäckel in Millionenhöhe vor der Justiz verantworten. Vor allem "Solidère", die zum Hariri-Imperium gehörende Firma, die für den Wiederaufbau des Beiruter Stadtzentrums verantwortlich ist, geriet wegen Misswirtschaft und Bestechlichkeit immer wieder ins Gerede.

"Er hat das Geld, wir die Prinzipien", kommentierte Selim El Hoss, der bislang amtierende Premier, das Geschäftsgebaren seines Erzrivalen. Genutzt hat es Hoss nichts: am Sonntag verlor der "Mister Saubermann" der libanesischen Politik seinen Parlamentssitz - die horrende Auslandsverschuldung von über 20 Milliarden Dollar hatte er mit einer eisernen Sparpolitik bekämpfen wollen. Die Beirutis hingegen ignorierten diese Altlast der Hariri-Ära, die hohen Steuern brachten statt dessen Hoss in die Bredouille: Statt des stets dröge und verbissen wirkenden Witwers Hoss bekommen die Libanesen nunmehr den Mann, dessen flamboyanter Lifestyle, mit Privatflugzeugen sowie Residenzen in Paris und anderswo ihnen ganz offensichtlich imponiert - und eine hübsche Ehefrau hat er auch.

Birgit Bogler

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