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Politik: Reisen mit Ruhrgas

Köln - Die Ermittler selbst sind überrascht. Seit bald sechs Monaten gehen sie der Frage nach, ob sich Ratsmitglieder verschiedener Ruhrgebietsstädte bei vom Energieriesen Eon veranstalteten Lustreisen strafbar gemacht haben.

Köln - Die Ermittler selbst sind überrascht. Seit bald sechs Monaten gehen sie der Frage nach, ob sich Ratsmitglieder verschiedener Ruhrgebietsstädte bei vom Energieriesen Eon veranstalteten Lustreisen strafbar gemacht haben. Offiziell schweigen die Staatsanwälte zum Ermittlungsstand. „Das ist noch zu früh“, sagt Günther Feld. Aber intern gehen die Ankläger davon aus, dass die vorliegenden Erkenntnisse für satte Strafbefehle an eine nicht unerhebliche Zahl von kommunalen Mandatsträgern reichen werden.

Mindestens 150 Namen stehen bisher auf ihren Listen. Mal waren die kommunalen Aufsichtsräte nach Barcelona oder Brügge eingeladen worden, dann standen Besuche auf einer Bohrplattform im norwegischen Nordmeer auf der Tagesordnung, meist mit touristisch attraktiven Zusatzangeboten angereichert. Die Führungsgremien des Euskirchener Versorgers Regiogas wurden etwa 2001 von den Lieferanten Ruhrgas und Thyssengas für ein Wochenende nach Sankt Petersburg eingeladen. Der Höhepunkt der Reise war ein Besuch im vom Essener Gasriesen restaurierten Bernsteinzimmer. „Die Ehepartner waren auch eingeladen“, gab Bürgermeister Uwe Friedl (CDU) jetzt zu. Für die Ankläger ist das ein klarer Fall. „Wir haben den Verdacht, die Reisen hatten keinen dienstlichen Grund, sondern waren touristisch angelegt“, sagt Günther Feld. Da auch kommunale Mandatsträger eindeutig als Amtsträger betrachtet werden, müssen sie in besonders krassen Fällen mit einem Strafbefehl rechnen.

Aufgeflogen ist dieses System der Landschaftspflege durch eine anonyme Anzeige aus Burscheid. Noch während die Ratsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder der Stadtwerke Burscheid im vergangenen Sommer in der Abfertigungshalle auf ihren Flug nach Norwegen warteten, filzten die Ermittler die Büros der Stadtwerke. Anschließend hatten sie erhebliche Zweifel, ob der dienstliche Charakter bei der Reise im Vordergrund stand. Im Zuge ihrer weiteren Ermittlungen durchsuchten sie kürzlich auch die Büros des Essener Ruhrgas Konzerns, der inzwischen zu Eon gehört. Dort stießen sie auf ein eigenes Reisebüro, das auch für die Lustreisen der kommunalen Mandatsträger in den Aufsichtsräten jener Städte zuständig war, die ihr Gas bei Eon/Ruhrgas kaufen. „Das lief dort intern unter der Überschrift ,Der Kongress tanzt’“, weiß einer der Ermittler zu berichten. Bei ihren Recherchen stießen die Ankläger aber auch auf Schreiben von kommunalen Mandatsträgern, die die Einladung zu verschiedenen Reisen zurückgeschickt hatten. „Leute, die nicht mitgefahren sind, weil die Sache für sie ein Geschmäckle hatte“, berichtet Staatsanwalt Feld. Die Ermittlungen erstrecken sich inzwischen auf das ganze Land Nordrhein-Westfalen, die Ermittler haben aber auch Hinweise auf andere Bundesländer gefunden.

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