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Politik: Renate Künast und Fritz Kuhn wollen an die Spitze - und stellen ihre Partei auf die Probe

"Jetzt spielen alle mit offenen Karten." Nur konsequent findet die bisherige Vorstandssprecherin Antje Radcke die Entscheidung der Berliner Fraktionschefin Renate Künast und ihres baden-württembergischen Kollegen Fritz Kuhn, auf dem Grünen-Parteitag im Juni für die Vorstandsspitze der Partei zu kandidieren.

Von Matthias Meisner

"Jetzt spielen alle mit offenen Karten." Nur konsequent findet die bisherige Vorstandssprecherin Antje Radcke die Entscheidung der Berliner Fraktionschefin Renate Künast und ihres baden-württembergischen Kollegen Fritz Kuhn, auf dem Grünen-Parteitag im Juni für die Vorstandsspitze der Partei zu kandidieren. Seit Wochen ist es ein offenes Geheimnis, dass die beiden Landespolitiker die Nachfolge des bisherigen Sprecherduos anstreben. Sowohl die Hamburgerin Radcke wie auch die Sächsin Gunda Röstel gelten als Vorsitzende auf Abruf.

Die Klarheit, mit der die Juristin Künast und der Sprachwissenschaftler Kuhn, beide 44, am Mittwoch ihren Willen zur Kandidatur angekündigt haben, lassen Radcke und Röstel selbst vermissen. Für die amtierenden Vorstandssprecherinnen werden neue Jobs gesucht - und die sind gar nicht so einfach zu finden. Radcke selbst sagt, sie sei noch nicht amtsmüde. Auch Röstel will sich vor dem nächsten Bundesparteitag im März in Karlsruhe, auf dem eine neue Strukturreform abgesegnet werden soll, nicht darauf festlegen lassen, ob sie noch einmal antritt. Die Entscheidung dazu hänge nicht nur von den anderen Kandidaten ab, sondern auch davon, ob die Strukturreform überhaupt in der vorgeschlagenen Form gebilligt werde.

Das ist keineswegs sicher. Den einen in der Partei geht der Vorschlag, dass künftig jedes zweite Amt im Bundesvorstand auch mit einem Mandatsträger besetzt werden darf, zu weit, anderen nicht weit genug. Röstel räumt ein Unbehagen darüber ein, dass es künftig Vorstandsmitglieder erster und zweiter Klasse geben solle. Der geplanten Satzungsänderung muss der Parteitag im März mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. Fragen sind angebracht, weil das neue Personaltableau mit der pragmatischen Linken Künast und dem Realpolitiker Kuhn für manche zu sehr den Wunschvorstellungen von Joschka Fischer entspricht - und die Basis dem heimlichen Vorsitzenden durchaus nicht regelmässig folgt. Für Verärgerung sorgt auch, dass der Basis ein Sonderparteitag zum Thema Atom versagt wurde, während der ursprünglich erst für Dezember geplante Bundesparteitag mit Vorstandswahlen extra für die bei vielen unbeliebten Personalrochaden vorgezogen wurde.

Künast wie Kuhn schränken ausdrücklich ein, dass sie nur kandidieren wollen, wenn die Strukturreform durchgeht. "Das ist eine konditionierte Bewerbung", sagt der baden-württembergische Landesfraktionschef zum Tagesspiegel. Grünes Licht im März für die Strukturreform wäre umgekehrt wohl auch ein Votum für die beiden Landespolitiker, die nach jetzt geltender Satzung wegen der Trennung von Amt und Mandat nicht gleichzeitig ein Vorstandsamt in der Partei übernehmen dürfen.

Was würde dann aus Radcke und Röstel? Radcke scheint bereit, sich dem Job der Vize-Parteichefin zu begnügen. Bei Röstel ist es schwieriger. Die ihr angetragenene Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl 2002 in Sachsen hat sie ausgeschlagen. Der neueste Versorgungsvorschlag: Die Parteisprecherin könnte bei der Bundestagsfraktion eine Koordinatorenstelle "Aufbau Ost" übernehmen, wenn die bisher dort beschäftigte Ex-Parteisprecherin Marianne Birthler Chefin der Gauck-Behörde wird. "Eine plausible Lösung", heißt es dazu in Parteikreisen.

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