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Politik: Rentenreform: Private Zusatzversorgung

Der Ton, mit dem die Gewerkschaften die geplante Rentenreform der rot-grünen Bundesregierung kommentieren, verliert an Schärfe. Der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte jedenfalls bemüht sich, den Eindruck zu zerstreuen, die Gewerkschaften wollten der Regierung wegen der Rente auf jeden Fall einen heißen Herbst bescheren.

Der Ton, mit dem die Gewerkschaften die geplante Rentenreform der rot-grünen Bundesregierung kommentieren, verliert an Schärfe. Der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte jedenfalls bemüht sich, den Eindruck zu zerstreuen, die Gewerkschaften wollten der Regierung wegen der Rente auf jeden Fall einen heißen Herbst bescheren. Er erinnert daran, dass auch die Gewerkschaften beschlossen haben "dass die Eigenvorsorge gestärkt werden soll". Fragt sich nur wie weit?

Die von Sozialminister Walter Riester (SPD) mit vier Prozent des Bruttoeinkommens angesetzten Aufwendungen zur privaten Altersvorsorge sind allen Gewerkschaften zu hoch. Sie halten 2,5 Prozent für zumutbar, mehr nicht. "Die Privatvorsorge kann auch in Zukunft nur das Sahnehäubchen auf der Altersversorgung sein", fordert Schulte. In diesem Punkt sind sich die Gewerkschaften einig. Ebenso in ihrer Forderung, dass das Niveau der gesetzlichen Rente nicht so stark sinken dürfe, wie Riesters Konzept das vorsieht. Strittig unter den Gewerkschaften ist aber, wie jetzt mit dem Rentenkonzept umgegangen werden soll. Die IG Metall hat sich zur Speerspitze des Protests gemacht. Sie will das auch bleiben. "Ganz eindeutig" stünden die Zeichen auf weitergehende Protestaktionen, erklärte ein Sprecher der IG Metall dazu dem Tagesspiegel.

Die Gewerkschaft beklagt vor allem den "Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung". Während bei der gesetzlichen Rente Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils die Hälfte des Beitrags zahlen, muss für die private Zusatzrente der Arbeitnehmer allein aufkommen. Die IG Metall will das verhindern, indem die betriebliche Altersversorgung verpflichtend eingeführt werden soll, "an der die Arbeitgeber beteiligt werden". Andernfalls werde der Beitragssatz der Arbeitgeber auf elf Prozent festgeschrieben, während die Arbeitnehmer 15 Prozent zahlen müssten.

Auch das Rentenniveau von 64 Prozent, dass Riesters Konzept für das Jahr 2030 erwartet, ist der IG Metall zu niedrig. Da die meisten der künftigen Rentner nicht 45 Jahre lang Beiträge bezahlt haben dürften, werde das reale Rentenniveau für viele sehr viel niedriger liegen, befürchten die Gewerkschaften. Für die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer ist diese "unsoziale Senkung" des Rentenniveaus einer der Hauptkritikpunkte.

Sozialminister Walter Riester, der vor dem Wahlsieg der rot-grünen Koalition selbst Vize-Vorsitzender der IG Metall war, will nach der Sommerpause im September intensive Gespräche mit den Gewerkschaften führen, um deren Kritik zu entkräften und eine gemeinsame Linie zu erarbeiten. Am 12. September soll er zum Beispiel bei der Beiratssitzung der IG Metall, dem höchsten Entscheidungsgremium neben den Gewerkschaftstagen, dabei sein. Danach will die Gewerkschaft dann entscheiden, wie es mit möglichen Protestaktionen weitergeht.

So sehr die IG Metall oder die IG Bau derzeit den Konflikt mit Riester auch schüren, der Sozialminister bekommt aus den Reihen seiner früheren Kollegen auch Zuspruch. ÖTV Chef Herbert Mai kritisierte die Aktionen der IG Metall und des DGB bereits. Er forderte die anderen Gewerkschaften auf, mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen. Diese Unterstützung gibt Riester wohl auch den Mut, nun selbst von guten Einigungschancen über die Reformpläne mit den Gewerkschaften zu sprechen. In der Auseinandersetzung habe er den Vorteil, dass er die Hauptakteure aus seiner früheren Tätigkeit gut kenne, sagte er am Dienstag in Berlin.

Das sieht bei der CDU/CSU-Opposition anders aus. Bei der Union habe er den Eindruck, dass sie nur ein Politiktheater aufführen wolle, sagte er. Dennoch ist Riester zuversichtlich, dass seine Reform nach den Anhörungen und den parlamentarischen Beratungen in Bundestag und Bundesrat bereits im Februar 2001 im Gesetzblatt stehen könne. Der Gesetzentwurf aus seinem Ministerium soll nach der Sommerpause im September vorgelegt werden.

Carsten Germis

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