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Rheinland-Pfalz: Der Nürburgring-Sumpf

Der Mainzer Ex-Finanzminister weist vor Untersuchungsausschuss die Verantwortung für das geplatzte Millionengeschäft zurück

Damit hatte kaum einer gerechnet: Ingolf Deubel (SPD), ehemaliger Finanzminister in Rheinland-Pfalz und Ex-Aufsichtsratsvorsitzender der landeseigenen Nürburgring GmbH, sagte am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtages aus. Dabei hätte er die Aussage verweigern können. Gerade zwei Tage zuvor hatte die Polizei sein Privathaus durchsucht, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn. Die Ermittlungen richten sich gegen insgesamt acht Beschuldigte, darunter auch Hans-Joachim Metternich, den Kreditmediator der Bundesregierung. Er war Geschäftsführer der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB).

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft: Betrug und Veruntreuung. Vorgeblich private Investoren sollen Kredite aus Mitteln des Landes erhalten haben. Auf diese Weise sollte der Öffentlichkeit vorgetäuscht werden, dass das Millionenprojekt in der Eifel privat finanziert werde. In mehreren Fällen seien dabei Provisionen vereinbart und teilweise auch gezahlt worden, ohne eine erkennbare Gegenleistung. Deubel weist diese Vorwürfe von sich: Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. „Dass sich mein Status verändert hat, hat an den Fakten nichts geändert“, erklärte er selbstbewusst vor dem Ausschuss. Der beschäftigt sich seit letztem September mit der undurchsichtigen Finanzierung des Freizeitzentrums an der Rennstrecke. Es geht um einen komplexen internationalen Millionendeal, bei dem sich das Land Rheinland-Pfalz einen Gewinn von rund 50 Millionen Euro versprochen hatte. Das Geschäft kam nicht zustande; es platzte vor genau einem Jahr. Da hatte ein Geschäftspartner der Firma Pinebeck ungedeckte Schecks vorgelegt. Die Firma war beauftragt worden, private Geldgeber für den Nürburgring zu suchen

Um dieses Geschäft ging es am Freitag im Ausschuss: Die Nürburgring GmbH hatte sich verpflichtet, ihren Kreditvermittlern eine Provision in Höhe von vier Millionen Euro auf ein Schweizer Konto zu überweisen – das sollte binnen 48 Stunden nach Übergabe eines Schecks in Höhe von 67 Millionen Dollar geschehen. Vor diesem Deal warnte nicht nur der Leiter der Rechtsabteilung der Nürburgring GmbH. Geradezu dramatisch schilderte er vor dem Ausschuss seine Bemühungen, seinen Geschäftsführer davon abzubringen, das Geld zu überweisen. Auch weitere Zeugen, darunter der Bonner Rechtsanwalt Jürgen Lüders, bestätigten, auf das hohe Risiko hingewiesen zu haben: Die Überprüfung amerikanischer Schecks dauert deutlich länger als 48 Stunden.

In dieser Situation wurde auch der Aufsichtsratsvorsitzende Deubel angerufen. Der habe das Risiko als „völlig abwegig“ bezeichnet: „Wenn ich Sie wäre, würde ich überweisen“, zitierte ihn ein Zeuge. Deubel bestätigte zwar, diesen Rat gegeben zu haben, wies aber jede Verantwortung von sich: „Das operative Geschäft gehörte nicht zu meinen Aufgaben.“ Nach diesem Telefonat wurde die Millionensumme angewiesen, die Gegenleistung blieb aber aus: der amerikanische Scheck platzte wenige Stunden später. Dass für das Land kein Schaden entstand, lag einzig an einer Verzögerung bei der Sparkasse, die die Überweisung nicht ausführte: Aufgrund der Geldwäsche-Richtlinien ergaben sich nämlich Nachfragen. „Ein purer Zufall", sagen die Staatsanwälte. Die vier Millionen Euro seien so konkret gefährdet gewesen, dass eine vollendete Untreue in Betracht komme.

Während es im Untersuchungsausschuss noch eine Weile um kriminelle Machenschaften und Millionenbeträge gehen wird, regiert Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) weiter, als sei nichts geschehen. Noch im Juni, wenige Tage, bevor die Polizei das Haus seines Ex-Ministers auf den Kopf stellte, präsentierte er in der Mainzer Staatskanzlei den Krimi „Nürburg-Papiere“ – das ist das neueste Werk von Eifelkrimi-Autor Jacques Berndorf. Beck kommentierte dabei auch gleich ein bis dahin noch unveröffentlichtes Werk: Das Gutachten des Landesrechnungshofs zur gescheiterten Finanzierung des Freizeitparks. „Nichts Spannendes, nichts Neues", teilte er mit, die Affäre sei doch nun „im Wesentlichen aufgearbeitet“.

Oppositionsführer Christian Baldauf (CDU) kann da nur den Kopf schütteln. Er glaubt nicht, dass Beck unbeschädigt aus dieser Affäre herausgehen wird: „Das ist ein Riesenskandal, den kann der nicht aussitzen.“

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