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Politik: "Richter Gnadenlos": Gnadenlos hoffähig

Eigentlich wollte ihn niemand so richtig ernst nehmen, den allein auf Recht und Ordnung fixierten Amtsrichter Ronald Schill, wegen seiner teils haarsträubend harten Urteile auch "Richter Gnadenlos" genannt. Wie kaum ein anderer prägt der Rechtspopulist den Hamburger Bürgerschaftswahlkampf.

Eigentlich wollte ihn niemand so richtig ernst nehmen, den allein auf Recht und Ordnung fixierten Amtsrichter Ronald Schill, wegen seiner teils haarsträubend harten Urteile auch "Richter Gnadenlos" genannt. Wie kaum ein anderer prägt der Rechtspopulist den Hamburger Bürgerschaftswahlkampf. Daran wird sich bis zum Urnengang am 23. September kaum noch etwas ändern.

Die Frage "Wie hältst Du es mit dem Richter?" ist zum zentralen Thema der Hamburger Wahlauseinandersetzung geworden. Ole von Beust, der CDU-Spitzenkandidat, versucht es bei dieser Wahl mit klaren Fronten. Er will den rot-grünen Senat ablösen und braucht dafür andere Parteien. Die muss er sich außerhalb des Parlaments suchen, denn dort sind neben der Union lediglich SPD und Grüne sowie die Regenbogengruppe, eine Abspaltung der Grünen, vertreten. Der CDU-Mann hat deshalb schon frühzeitig klargemacht, dass er ein Bündnis mit Schill nicht ausschließen möchte und auch gern die FDP dabei hätte. Das scheint ein logisches Machtkalkül zu sein, hat die CDU aber auch in eine Klemme gebracht, die der Partei nicht lieb sein kann.

Denn inzwischen deutet einiges darauf hin, dass es am 23. September auch mit Schill nicht reichen wird. Denn je mehr Ole von Beust den Law-and-Order-Mann hofiert, desto mehr verliert er selbst in der Mitte. Rechts laufen die Wähler aller Schattierungen schon längst in großer Zahl zu Schill über. Also kann von Beust, dessen CDU nach den jüngsten Wahlumfragen bereits unter die 30-Prozent-Marke gesunken ist, nur darauf hoffen, dass Schill den nötigen Rest zusammenkehrt. Vielleicht ist der CDU-Spitzenmann deshalb auf den Gedanken gekommen, Schill im Falle einer Koalition das Innen- oder Justizressort anzubieten? Die FDP hat sich bisher bedeckt gehalten. Sie verweigert nach wie vor eine Koalitionsaussage, schreit aber auch nicht allzu laut Protest, wenn sie in den Medien dem "bürgerlichen Lager" zugeordnet wird. Der Begriff soll an den "Bürgerblock" erinnern, der in den 50er Jahren einmal die ansonsten permanente Nachkriegsherrschaft der Sozialdemokraten unterbrochen hatte, der aber schnell wieder auseinander fiel. FDP-Spitzenkandidat Rudolf Lange, bis vor kurzem Admiral und Chef der Führungsakademie der Bundeswehr, ist jetzt angesichts der Hilfestellungen von Beusts für Schill auf Distanz zur CDU gegangen und hat ihrem Spitzenkandidaten ein "Armutszeugnis" ausgestellt. In Sachen Koalition aber will er sich bis zum Wahlabend nicht äußern.

Das mag verständlich sein, weiß doch in diesen Tagen niemand genauer vorherzusagen, wie die nächste Bürgerschaftswahl ausgehen wird. Doch ob Lange und seine Partei auf diese Weise bis ans Ziel kommen, ist fraglich. Denn von jetzt an wird er täglich gefragt werden, wie er es mit Schill hält. Vielleicht trotz aller Bedenken doch eine Koalition, wenn die Fünf-Prozent-Hürde erst einmal überwunden wurde?

Der SPD-Landesvorsitzende und neue Innensenator Olaf Scholz etwa meinte: "Angesichts der klaren Aussagen des CDU-Kandidaten erwartet die Bevölkerung eine klare Aussage von FDP-Kandidat Rudolf Lange." Die Spitzenkandidatin der Grünen, Krista Sager, geht davon aus, dass die FDP auch mit Schill marschieren würde. "Die hat doch überhaupt nur eine Funktion als Steigbügelhalter für Schill und für einen Bürgermeister von Beust." Die Gruppe Regenbogen möchte die SPD so einfach aus der Verantwortung lassen. Durch ihren Schwenk in der Sicherheitspolitik in Richtung Schill hätten auch die Sozialdemokraten ihren teil dazu beigetragen, Schill hoffähig zu machen, sagen die Regenbogenleute.

Karsten Plog

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