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Politik: Rinderwahn: Länder sollen BSE-Hilfen an Bauern zahlen

Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) hat Länderforderungen zur Finanzierung der BSE-Folgekosten abgelehnt. Eine Kostenaufteilung, bei der die Länder 40 Prozent und der Bund 60 Prozent zu tragen hätten, sei nicht akzeptabel, sagte Künast am Samstag.

Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) hat Länderforderungen zur Finanzierung der BSE-Folgekosten abgelehnt. Eine Kostenaufteilung, bei der die Länder 40 Prozent und der Bund 60 Prozent zu tragen hätten, sei nicht akzeptabel, sagte Künast am Samstag. Sie bot den Ländern, die sich am Vortag auf eine gemeinsame Verhandlungsposition verständigt hatten, jederzeit Gespräche an und forderte sie auf, konkrete Zahlen vorzulegen. Die geforderten Liquiditätshilfen für die Bauern seien aber eine klassische Länderaufgabe. Laut Künast erwägt die Bundesregierung, den betroffenen Bauern durch Steuererleichterungen entgegenzukommen. Im Gespräch sei etwa die Stundung von Steuern. Eine Verlängerung des Aufkaufprogramms zur Bereinigung des Rindfleischmarktes lehnte sie erneut ab.

Deutschland wird sich nach Informationen des Magazins "Spiegel" ungeachtet des Widerstandes von Künast an einem zweiten Rinderschlachtprogramm der EU beteiligen müssen. Bei der von EU-Agrarkommissar Franz Fischler geplanten Keulung von weiteren 1,2 Millionen Rindern handele es sich um eine Maßnahme zur Marktbereinigung als Folge der BSE-Krise. Anders als bei Schutzprogrammen gegen die Ausbreitung der Rinderseuche seien auch die in der EU überstimmten Länder an das Programm gebunden. Künast habe kaum eine Chance, sich bei der nächsten Sitzung der EU-Agrarminister am 26. Februar mit ihrer Ablehnung durchzusetzen. Künast lehnt das von Fischler geplante Schlachtprogramm aus ethischen Gründen ab.

Tagesspiegel Online Spezial: www.tagesspiegel.de/bse

Beim Besuch eines landwirtschaftlichen Betriebs sagte die Ministerin am Samstag, man müsse prüfen, ob das Fleisch nicht anderweitig verwertet werden könne. EU-Entwicklungshilfekommissar Poul Nielson sagte der "Welt am Sonntag", die EU-Kommission lehne eine Ausfuhr von in Europa unverkäuflichem Rindfleisch etwa nach Nordkorea ab. Wenn Deutschland allerdings Rindfleisch an Nordkorea verschenken wolle, könne die Kommission dies nicht verhindern, sagte Nielson. Fast 60 Prozent der Deutschen wollen nach einer Umfrage, dass die zur Marktbereinigung getöteten Rinder an Entwicklungsländer gegeben und nicht verbrannt werden. Rupert Neudeck vom Ärztekomitee "Cap Anamur" rechnet damit, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder kostenlosen Fleischlieferungen an Nordkorea zustimmen wird.

Etwa 1000 Bauern aus ganz Deutschland protestierten am Samstag in Dresden gegen die Massentötung von Rindern. Mehrere Redner forderten, das Keulen ganzer Herden beim Auftreten eines einziges BSE-Falls zu beenden. Auf Transparenten hieß es: "Stoppt den Mord an unseren Tieren".

Die ostdeutschen Länder wehren sich gegen die Brüsseler Pläne für eine Neuordnung des Rindfleischmarktes. Die Landwirtschaftsminister mehrerer Länder wiesen in der "Welt am Sonntag" vor allem den Vorschlag zurück, künftig nur noch für maximal 90 Rinder pro Betrieb Prämien zu zahlen. "Das wäre das Aus für die Rindermast in Thüringen", sagte Agrarminister Volker Sklenar (CDU). Brandenburgs Landwirtschaftsminister Wolfgang Birthler (SPD) wies darauf hin, dass - im Gegensatz zu Westdeutschland und anderen EU-Ländern - über die Hälfte aller ostdeutschen Betriebe mehr als 90 Rinder hätten.

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