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Politik: Rot-Grün entscheidet noch im August über Afghanistan

Regierung plant Einsatz der Bundeswehr auch außerhalb Kabuls / Absage an militärische Beteiligung der Deutschen im Irak

Kabul/Berlin (Tsp/bib). Die Bundesregierung will noch in diesem Monat über eine Ausweitung des AfghanistanEinsatzes in die Provinzen hinein entscheiden. Das kündigte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) in Kabul bei der Übergabe des Kommandos der Afghanistan-Schutztruppe Isaf an die Nato an, die damit ihren ersten Out-of-area-Einsatz übernimmt. Die Nato müsse nun dazu beitragen, dass Afghanistan auf Dauer kein Zufluchtsort für Terroristen mehr werde. Struck unterstützte dabei ausdrücklich das amerikanische Konzept, kleine bewaffnete Schutztruppen zusammen mit zivilen Aufbauhelfern in Städte außerhalb der Hauptstadt zu entsenden. Die Bundesregierung möchte diese Provinz-Aufbauteams aber ausdrücklich der Isaf-Truppe unterstellen und nicht in die Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ eingliedern. Außer einem Mandat des Bundestages wäre damit auch ein neues, erweitertes Mandat des UN-Sicherheitsrats für Isaf erforderlich. Als Stationierungsort für eine deutsche Truppe wird nun Kundus 250 Kilometer nördlich von Kabul erwogen. Die Region gilt als ruhig, drei US-Aufbauteams sind dort schon tätig.

In Deutschland stieß der Plan auf ein verhalten positives Echo. SPD-Außen- und Verteidigungspolitiker zeigten sich allerdings skeptisch, ob die bisher erwogene Zahl von 50 Soldaten pro Team ausreicht. Sie rechneten eher mit bis zu 300 Soldaten. Die Grünen mahnten ein klares politisches Konzept für die Zukunft Afghanistans an und brachten nach einer Vorstandssitzung erneut eine weitere Afghanistan-Konferenz nach dem Vorbild der Petersberger Konferenz ins Gespräch. Oppositionspolitiker wie der Vize-Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Thomas Kossendey (CDU), und FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt machten eine Zustimmung zu einem größeren Isaf-Mandat von Bedingungen abhängig. Gerhardt forderte ein Konzept für die Entmachtung der Kriegsfürsten, die in vielen Provinzen Afghanistans wieder das Sagen haben. Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Christian Schmidt (CSU), warnte die Bundesregierung trotz prinzipieller Zustimmung zudem davor, ihre Afghanistan-Politik nur als Instrument zu benutzen, um ihr Verhältnis zu den USA zu verbessern und einer USA-Visite von Kanzler Gerhard Schröder den Boden zu bereiten. Grünen-Chefin Angelika Beer betonte, das Lob von US-Präsident George Bush für das deutsche Engagement dürfe nicht bedeuten, „dass wir automatisch mehr Truppen entsenden, egal wohin“.

Beer bezog sich dabei auch auf die Diskussion über einen eventuellen Einsatz der Bundeswehr im Irak. Die Bundesregierung stellte am Montag noch einmal klar, dass sie nicht an ein militärisches Engagement im Nachkriegs-Irak denke. Auch die Grünen bekräftigten die bisherige Haltung, dass ein deutscher Einsatz allenfalls unter dem Dach der UN und im Rahmen der Nato denkbar sei. In Regierungskreisen wird davon ausgegangen, dass sich die Irak-Frage im Moment nicht konkret stellt. Gerade wenn es zu einer Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes komme, würde die Bundeswehr zudem keine nennenswerten Kapazitäten frei haben, hieß es.

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