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Politik: Rot-Grün will die Bürgerversicherung

Koalition im Grundsatz einig: Auch Beamte und Selbstständige zahlen in die gesetzliche Krankenkasse

Von Hans Monath

Berlin. Die Grünen wollen sich mit der SPD bis zur nächsten Bundestagswahl auf eine Bürgerversicherung einigen. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer kündigte an, die Wahl 2006 solle zur Abstimmung über diese Reform werden. Der Grünen-Parteirat verabschiedete am Montag Eckpunkte zur Umgestaltung der Krankenversicherung, ließ aber offen, ob die Arbeitgeberbeiträge eingefroren werden sollen. Die SPD lehnt eine solche einseitige Begrenzung ab. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sagte, die Debatte nähere sich den Vorstellungen seiner Partei an. Kanzler Gerhard Schröder sagte aber, Vorrang habe zunächst die Gesundheitsreform.

SPD und Grüne erzielten bislang nur darüber Einigkeit, dass mit der Bürgerversicherung mehr Menschen in die Pflichtversicherung einzahlen sollen. Beitragszahler wären dann nicht mehr nur Arbeitnehmer, sondern auch Selbstständige und Beamte. Konsens in der Koalition besteht auch darüber, private Krankenversicherungen zu erhalten, diese aber in den Risikostrukturausgleich der gesetzlichen Kassen einzubeziehen. Uneinigkeit herrscht darüber, welche Einkommensarten neu herangezogen werden sollen und wie die Kosten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgeteilt werden sollen. Anders als vorige Woche von Außenminister Joschka Fischer vorgeschlagen, sprach sich der Parteirat der Grünen nicht für die Auszahlung der Arbeitgeberbeiträge mit dem Lohn aus. Die Parteilinke hatte dies als Aufkündigung der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung abgelehnt. Nach dem Verzicht auf diese konkrete Festlegung votierte der Parteirat einhellig für das Konzept.

Die Grünen, die ihren Beschluss als Diskussionsvorschlag verstehen, wollen alle Einkommensarten und Bevölkerungsgruppen in die Pflichtversicherung einbeziehen und eine „prozentuale Deckelung“ des Arbeitgeberbeitrags festschreiben. Dieser könne bei 6,5 Prozent liegen, sagte Bütikofer. Eine höhere Beitragsbemessungsgrenze lehnte die Partei ab. Damit würden jenseits der Grenze von derzeit 3450 Euro auch Zusatzeinkünfte beitragsfrei bleiben. Eine endgültige Festlegung soll ein Grünen-Parteitag voraussichtlich im Herbst 2004 treffen. Ein Beschluss der Koalition über die Bürgerversicherung sei deshalb in diesem Jahr ausgeschlossen, hieß es in Regierungskreisen. Mit Blick auf die neue Bewegung in der SPD sprach Bütikofer von einem „wachsenden Zug in Richtung Bürgerversicherung“. Schröder und andere SPD-Spitzenpolitiker hatten das Vorhaben noch kürzlich für übereilt erklärt.

Nach den Worten von SPD-Generalsekretär Scholz will die SPD im Gegensatz zu den Grünen Zinseinkünfte und Mieteinnahmen nicht zur Finanzierung heranziehen. Die Versicherungssysteme wären mit der Aufgabe der Steuereintreibung überfordert, sagte Scholz. Die FDP bekräftigte ihr Nein zur Bürgerversicherung. Parteichef Guido Westerwelle sprach am Montag von einer „Würgerversicherung“. Bei den Gewerkschaften und in der Wirtschaft stießen die Grünen-Pläne ebenfalls auf Ablehnung.

Derweil deutet sich laut epd auch eine Einigung zwischen SPD und Grünen über die Abschaffung der Wehrpflicht an. Der Ausstieg sei nur eine Frage der Zeit, sagte die Chefin der Grünen-Fraktion, Krista Sager.

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