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Politik: Rot-grüne Streichliste

Wie die Regierungskoalition mit höheren Steuern und weniger Subventionen die Staatskasse füllen will

Von

Von Antje Sirleschtov

und Ursula Weidenfeld

Die Regierungsparteien haben sich auf weitere Einzelheiten verständigt, um die Löcher im Haushalt zu stopfen. Im Entwurf zum Koalitionsvertrag, der dem Tagesspiegel vorliegt, legt sich Rot-Grün darauf fest, künftig zurückhaltendere Schätzungen anzustellen, was das Wirtschaftswachstum angeht. Von der Europäischen Zentralbank erwartet die Koalition eine Zinssenkung. Im Vertragsentwurf heißt es, dass „diese Politik einer geldpolitischen Ergänzung bedarf, die zu mehr Investitionen und damit zu mehr Wachstum führt“. Außerdem haben SPD und Grüne ihrer Streichliste weitere Posten zugefügt. Hier die Einzelheiten:

Die Koalition will, so der Vertragsentwurf „das Dickicht der Umsatzsteuerreduzierung lichten“. Das sieht so aus: Kunstgegenstände und Sammlerstücke werden voll mehrwertsteuerpflichtig. Dasselbe gilt für Schnittblumen und Tierfutter, organischen und Kunstdünger, für lebende Tiere, Stroh, Spreu und Futterpflanzen, Samen und Saatfrüchte, Brennholz und Holzabfälle, oder Zahnersatz. Bisher mussten diese Produkte nur mit dem halben Mehrwertsteuersatz versteuert werden. Landwirtschaftliche Betriebe dürfen ihre Umsatzsteuer nicht mehr pauschalieren. Internetprodukte werden mehrwertsteuerpflichtig. Das sind sie zwar theoretisch heute schon, doch wird Steuerhinterziehung im Netz bislang kaum geahndet. Die Umsatzsteuerpflicht soll vor allem Produkte wie Software oder Musik erfassen, die online bestellt und geliefert werden. Flugreisen in Europa werden teurer: Sie unterliegen nach dem Willen der Koalition demnächst der vollen Mehrwertsteuerpflicht, während die Bahn vom Jahr 2005 an entlastet werden soll. Sie zahlt dann für bestimmte Strecken nur noch den halben Satz.

Für alle Unternehmen in Deutschland – ob groß oder klein – wird es nach dem Willen der Regierung ab 2003 steuerliche Neuregelungen geben, die zu Mehreinnahmen beim Fiskus führen. Die Koalition sagt, dass sie „unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit fragwürdige Steuersubventionen abbauen und Steuerschlupflöcher schließen“ will. So dürfen Geschenke, Sachprämien an Mitarbeiter und Spenden in Zukunft nicht mehr als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wobei der Spendenabzug nur für Kapitalgesellschaften untersagt wird.

SPD und Grüne planen höhere Steuern auf privat genutzte Dienstwagen. Die Pauschalen steigen von einem auf 1,5 Prozent.

Im Körperschaftssteuerrecht darf in Zukunft ein Verlustvortrag nur noch auf die Hälfte des erzielten Gewinns verrechnet werden, damit „auch große und international tätige Unternehmen ihren Beitrag für das Gemeinwesen leisten“, so die Koalition. Zudem sollen die Regelungen zum so genannten Mantelkauf verschärft werden. Kapitalgesellschaften wird es nicht mehr möglich sein, bereits versteuerte und einbehaltene Gewinne auszuschütten und die fällige Gutschrift vollständig mit der festgesetzten Körperschaftssteuer des laufenden Jahres zu verrechnen. Zudem will die Koalition die Höhe der möglichen Körperschaftsteuer-Guthaben senken. Organschaften (Gesellschaften mit Tochterunternehmen) dürfen nach den Plänen der Koalition künftig nicht mehr ihre Gewerbesteuerschuld untereinander verrechnen.

Die Vereinfachungsregelung bei der Abschreibung von Anlagen wird abgeschafft.

Im Rahmen der Ökosteuer soll der ermäßigte Steuersatz auf Strom für das produzierende Gewerbe, die Land- und Forstwirtschaft zurückgefahren werden. Die Regelung wird nach Branchen differenziert.

Der Steuersatz auf Erdgas soll auf 5,778 Euro von derzeit 3,478 Euro pro Megawattstunde angehoben werden. Eine weitere Erhöhung der Ökosteuer ist möglich.

Die Spekulationssteuern auf Gewinne von Aktienverkäufen und nicht selbst genutzte Grundstücke sollen künftig generell gelten. Dazu wird das Bankgeheimnis de facto aufgehoben. Kontrollmitteilungen der Banken – denn „Steuerhinterziehung bedeutet Umverteilung vom Ehrlichen zum Unehrlichen“, meint die Koalition – sollen Steuern von allein 500 Millionen Euro im Jahr in die öffentlichen Kassen spülen.

Die bisher gültige Regelung für die Eigenheimzulage entfällt. Zuschüsse soll es nur noch geben, wenn Kinder im Haushalt leben. Die Einkommensgrenzen werden gesenkt - Bei allein Stehenden auf 70 000 und bei Ehepaaren auf 140 000 Euro.

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