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Politik: Rückkehr durch den Nebeneingang?

Nachdem ihn seine Partei gefeiert hat, wird in Hamburg über das Comeback von Ronald Schill in die erste Reihe der Politik spekuliert

Der Rathausherr wollte nur noch weit, weit weg. An dem Tag, an dem Ronald Schill aus seiner politischen Warteschleife wieder ins Zentrum der Macht schwebte, bestieg Bürgermeister Ole von Beust (CDU) den Jet zu einer Dienstreise nach Istanbul und Izmir. Er ließ eine aufgeregte Stadt zurück. Der umjubelte Auftritt des Rechtspopulisten beim Bundesparteitag der Schill-Partei in Düsseldorf wirft neue Fragen für Hamburgs Regierungskoalition auf. Kann man mit Erpressern doch koalieren? Wird der geoutete Senatschef den Raum verlassen, wenn Schill als Parteichef zur Koalitionsrunde stößt? Müssen sich Schills Erben – Innensenator Nockemann, Fraktionschef Frühauf und Vize-Bürgermeister Mettbach – nun Sorgen um ihre Karriere machen? Wird der FDP die Allianz langsam doch zu schmuddelig?

In der Schill-Fraktion denken die Ersten bereits über eine Rückkehr ihrer Galionsfigur in den Senat oder an die Fraktionsspitze nach. „Ole von Beust und Ronald Schill müssen trotz aller Animositäten wieder einen Weg zusammen finden“, sagt der innenpolitische Sprecher der Schill-Partei, Frank-Michael Bauer, „Zeit heilt die Wunden – sehen Sie sich Friedman an.“ Wenn die Koalitionspartner Probleme mit einer Rückkehr in den Senat hätten, könne er sich den Ex-Innensenator auch als Fraktionsvorsitzenden vorstellen, sagte Bauer dem Tagesspiegel. Derzeit hat Norbert Frühauf dieses Amt inne.

Nach dem Rausschmiss aus dem Senat im August wegen seiner Drohung, er könne ein angebliches Liebesverhältnis zwischen von Beust und Justizsenator Kusch publik machen, hatte sich Schill auf die Hinterbank der Bürgerschaft verzogen. Wie Kai aus der Kiste ist er nun plötzlich wieder da. Die rund 200 Delegierten des Bundesparteitags hatten ihn minutenlang mit Bravo-Rufen, Klatschorgien und „Wir wollen Schill“ begrüßt. Eine Änderung des Parteinamens wurde verworfen, und Schill wird laut Mettbach Ende November wieder für den Landesvorsitz in Hamburg kandidieren: „Ich sehe meine Rolle als eine Art Leitfigur, die der Partei das Profil gibt.“

Drei Jahre nach ihrer Gründung wirkt seine Partei aber alles andere als stabil. Es gibt rund 5000 Mitglieder in zwölf Landesverbänden; doch nur in Hamburg mischt man dank 19 Prozent der Wählerstimmen in der Landespolitik mit. Derzeit sind die Umfragewerte im freien Fall; gewählt wird 2005. Der Politologe Wolfgang Gessenharter sieht die Hamburger Koalition vor einer schwierigen Phase: Auf dem Schill-Parteitag seien sehr problematische Äußerungen gegen die CDU gefallen. Mettbach, Bundesvorsitzender der Partei, hatte zur Entlassung Schills aus dem Senat gesagt: „Das Krisenmanagement des Ersten Bürgermeisters in dieser Frage war unter aller Sau.“ In dem mit Vorwürfen wie Schwulen- Filz und Erpressung beladenen Klima können solche Worte erhebliche Dynamik entfalten.

Günter Beling[Hamburg]

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