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Sachsen: Externe Prüfer rügen Verfassungsschutz

Ein Zwischenbericht zur Arbeitsweise des Dresdner Verfassungsschutzes ist für die Behörde wenig schmeichelhaft. Es ist von gravierenden Defiziten die Rede.

In der sächsischen Korruptionsaffäre gerät nun der Dresdner Verfassungsschutz selbst immer mehr in die Kritik. Am Freitag legten externe Prüfer um den ehemaligen Bundesrichter Dietrich Beyer in der Staatskanzlei einen vorläufigen Zwischenbericht zur Arbeitsweise des Dienstes und dem Zustandekommen der fraglichen Aktensammlung zur organisierten Kriminalität vor.

Was sie bislang herausgefunden haben, ist für den Verfassungsschutz wenig schmeichelhaft. Beyer sprach von einem Desaster und gravierenden Defiziten bei der Beschaffung und vor allem bei der Auswertung von Informationen im Bereich der organisierten Kriminalität. Interne und externe Kontrollen durch das Dresdner Innenministerium habe es nur unzureichend gegeben.

Zwar hatten Beyer und seine Mitstreiter nicht den Auftrag, das gesammelte Material selbst zu prüfen. Sie sollten vor allem klären, ob es strukturelle Schwachstellen in der Behörde gibt. Hintergrund sind auch Zweifel an der Belastbarkeit der umfangreichen Aktensammlung. Letztlich kamen sie um eine Bewertung aber nicht umhin. Nach ihren Recherchen enthalten die Akten „zum Großteil“ lediglich unbestätigte Verdachtsmomente. Es sei nun Sache der Staatsanwaltschaft, zu prüfen, „ob sie damit etwas anfangen kann“.

Das sächsische Innenministerium hatte die Prüfer vor mehreren Wochen eingeschaltet. Ihr Schlussbericht soll im Herbst vorliegen, inklusive Empfehlungen. Der externen Prüfgruppe gehört auch der ehemalige Präsident des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Lutz Irrgang, an. Er sagte, naheliegende Nachprüfungen seien ausgeblieben, erkennbare Widersprüche außer Acht gelassen worden. „Sogar in sich erkennbar unschlüssige Angaben von Personen, die aufgrund der Umstände nicht glaubwürdig waren, wurden unkritisch als wahr weiterverarbeitet.“ So etwas habe er beim Verfassungsschutz noch nie erlebt.

Nach seiner Schilderung entwickelte das zuständige OK-Referat ein Eigenleben. „Man wollte mit aller Gewalt den Nachweis erbringen, dass die Arbeit des Verfassungsschutzes gegenüber der Polizeiarbeit einen Mehrwert hat.“ Es sei am Ende um Verdachtsbeschaffung um jeden Preis gegangen. Hinzu gekommen seien Unerfahrenheit, fehlende Qualifikation und Übereifer einzelner, teils berufsfremder Mitarbeiter. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Referatsleiterin, eine ehemalige Staatsanwältin. Gegen sie laufen bereits interne Ermittlungen.

Der Bericht spricht auch von einer leichtsinnigen Aktenführung. So seien zahlreiche Aufzeichnungen außerhalb der registrierten Aktenführung parallel gesammelt und damit die Geheimhaltung erschwert worden. Überprüft hat Beyer mit seinen Leuten auch, wie es zur Vernichtung von Aktenkopien noch in diesem Frühjahr kommen konnte. Eine Vertuschungsabsicht schloss er hierbei aus.

Berichte über die Existenz einer umfangreichen Aktensammlung des Dienstes hatten im Frühjahr die Affäre ausgelöst. Die Akten sollen Hinweise zu angeblichen Verbindungen von sächsischen Politikern und ranghohen Juristen zum organisierten Verbrechen enthalten.

Lars Rischke

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