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Politik: „Sag nicht herzlich willkommen“

Was die Benimm-Fibel Soldaten im Irak-Einsatz empfiehlt

Trotz der jüngsten Zwischenfälle mit getöteten Zivilisten im Irak besteht nach Meinung der alliierten Streitkräfte kein Kommunikationsproblem mit der einheimischen Bevölkerung. Zwar verfügen nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums die einzelnen Einheiten nicht jeweils über einen eigenen Dolmetscher. Allerdings habe jeder Angehörige der Streitkräfte geringe Arabischkenntnisse, die es ihm ermöglichten, kurze Befehle oder Hinweise in der Landessprache zu geben. Diese Form der Kommunikation reiche in den meisten Fällen vollkommen aus, erklärte das Ministerium gegenüber dem Tagesspiegel. Längere Gespräche mit irakischen Zivilisten seien für gewöhnlich nicht erforderlich. „Im Notfall kann auch ein Wörterbuch helfen.“ Darüber hinaus beschäftigen die Alliierten nach Angaben des USZentralkommandos professionelle Übersetzer, die zu Rate gezogen werden könnten, falls eine schwierigere Konversation notwendig werde. Jene würden außerdem auch durch Angehörige der „Free Iraqi Forces“ unterstützt, die sich aus Exil-Irakern rekrutieren und von den USA ausgebildet wurden.

Um Missverständnisse zwischen Alliierten und Irakern auszuschließen, haben die amerikanischen und britischen Truppen zusätzlich eine etwa 50 Seiten starke „Benimm-Fibel“ erhalten. Die Soldaten bekommen darin allgemeine Tipps zu Geschichte, Kultur und Bräuchen im Irak sowie Hinweise über Dinge, die man in einem islamischen Land lieber unterlassen sollte.

So werden die Militärs aufgefordert, keine Frauen anzustarren und niemals die linke (unreine) Hand zu geben. Auch solle niemand einen Iraker „herzlich willkommen“ heißen, da diese Grußformel in arabischen Ländern traditionell nur der Gastgeber benutze. Islamische Gelehrte zweifeln allerdings am Erfolg dieser Maßnahmen und sagen stattdessen einen jahrelangen Widerstand wie in den Palästinensergebieten voraus.

„Das wahre Problem ist nicht, wie man irakische Frauen behandelt, sondern ob man als Besatzungsmacht von der irakischen Gesellschaft akzeptiert wird“, so Dia Raschwan vom Al-Ahram-Zentrum für politische und strategische Studien in Kairo. Auch die Abriegelung der für die Schiiten heiligen Städte Nadschaf und Kerbela birgt nach Ansicht der einflussreichen Kairoer Al-Azhar-Universität Gefahren für die Alliierte: Sie könnte dem Terrornetzwerk Osama bin Ladens neue Legitimität in der muslimischen Welt verleihen. mvl/dpa

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