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Die Trauer um die Opfer der Loveparade hält an.

© dpa

Schadenersatz-Ansprüche: Keine schnelle Hilfe für Loveparade-Opfer

Viele Opfer der Loveparade leiden auch unter finanziellen Problemen. Anwälte und Staatsanwaltschaft kämpfen mit enormen Datenmengen und rechnen mit einer langen Aufarbeitung.

Von Anna Sauerbrey

Berlin - Beerdigungskosten, Einkommenseinbußen, Ausgaben für Medikamente und psychologische Betreuung – viele Opfer der Loveparade kämpfen mit handfesten finanziellen Problemen. Jetzt hat die Kanzlei des ehemaligen Innenministers und FDP-Politikers Gerhart Baum die Vertretung der Opfer der Loveparade übernommen. Die Anwälte wollen Schadenersatzansprüche der Loveparade-Geschädigten durchsetzen: „Die Betroffenen und ihre Angehörigen dürfen mit den persönlichen und finanziellen Folgen nicht allein gelassen werden. Sie brauchen Betreuung und finanzielle Soforthilfe“, sagte Baum. Die Kanzlei hat nach eigenen Angaben inzwischen zehn Mandate übernommen und ist mit etwa 30 weiteren Personen im Gespräch.

Gegen wen die Anwälte die Ansprüche der Opfer gelten machen werden, steht noch nicht fest. „Wir warten ab, bis die Staatsanwaltschaft ermittelt hat“, sagte ein Anwalt der Kanzlei dem Tagesspiegel.

Sollten die Ermittlungen Fehler der Veranstalter feststellen, könnten die Opfer Schadenersatz von der Lopavent GmbH reklamieren. Die Lopavent ist zwar haftpflichtversichert, allerdings mit lediglich 7,5 Millionen Euro – das ist eine Summe, die die Anwälte um Gerhart Baum für zu gering erachten. Auch die Soforthilfe von zwei Millionen Euro, die der Versicherer der Lopavent GmbH und die Landesregierung NRW zur Verfügung gestellt haben, reiche nicht aus, sagte Baum.

Da Schadenersatzprozesse abhängig sind von den Ermittlungsergebnissen der Duisburger Staatsanwaltschaft, zeichnet sich ab, dass Verletzte, Traumatisierte und Angehörige von Toten nicht mit schneller finanzieller Hilfe rechnen können. Die Staatsanwälte haben bekannt gegeben, dass sie ihre Ermittlergruppe um 20 weitere Beamte auf 83 Mitarbeiter aufzustocken, weil die Gruppe Probleme hat der Menge der Akten Herr zu werden. „Wir stehen vor einer Flut von Daten“, sagte der Kölner Polizeipräsident, Klaus Steffenhagen. Die Staatsanwaltschaft hat Daten der Veranstalter, der Stadt Duisburg, der Feuerwehr und der Polizei sichergestellt. Ausgedruckt entspräche die digitale Datenmenge tausenden Aktenordnern, so ein Sprecher. Hinzu kämen über 900 Stunden Videomaterial. Auch 220 Strafanzeigen sind eingegangen. Sie richten sich gegen Oberbürgermeister Adolf Sauerland, gegen Rainer Schaller und gegen andere Verantwortliche auf Seiten von Stadt, Veranstalter und Polizei.

Bis wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, wollte die Staatsanwaltschaft noch nicht prognostizieren. Die Anwälte der Opfer gehen allerdings davon aus, dass sich die Ermittlungen bis ins nächste Jahr hinziehen könnten.

Sollten die Ansprüche über die Versicherungssumme in Höhe von 7,5 Millionen Euro hinausgehen, müsste die Lopavent GmbH selbst zahlen. Sie wäre auch dann haftbar, wenn die Ermittlungen ergeben würden, dass die Lopavent vorsätzlich Sicherheitsbestimmungen missachtet hat – in diesem Fall würde die Versicherung gar nicht zahlen. Auch der Geschäftsführer der Gesellschaft, Rainer Schaller, die Stadt Duisburg oder das Land NRW könnten verklagt werden – je nachdem, ob und wem die Staatsanwälte Pflichtverletzungen nachweisen können. In jedem Fall werden die Schadenersatzzahlungen nur die tatsächlichen Kosten der Opfer decken. Strafzahlungen, wie sie in den USA in vergleichbaren Fällen üblich sind, kennt das deutsche Recht nicht.

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