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Politik: Schäuble fordert beherzten Kampf gegen rechts

Deutlicher Anstieg extremistischer Gewalt Regierung rechnet mit Neonazi-Aktionen zur WM

Berlin - Die Bundesregierung will den Kampf gegen den Rechtsextremismus verstärken. Das kündigte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor dem Hintergrund der jüngsten fremdenfeindlichen Übergriffe und einem deutlichen Anstieg rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten an. Es sei Leitmotiv der Bundesregierung, den Extremismus „auf das Entschiedenste“ zu bekämpfen, sagte Schäuble bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2005. Zugleich rief er die Bundesbürger dazu auf, „beherzt und engagiert“ gegen verfassungsfeindliche Äußerungen und Handlungen vorzugehen: „Ohne das Engagement der Zivilgesellschaft werden wir keinen nachhaltigen Erfolg gegen Rechtsextremismus haben.“

Das Bundesamt für Verfassungsschutz registrierte im vergangenen Jahr mehr als 15 000 politisch rechts motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund. Das entspricht einem Anstieg um 27 Prozent. Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten wuchs um 23 Prozent auf 958. Die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 10 000 auf 10 400. Die meisten Übergriffe pro Kopf der Bevölkerung ereigneten sich in Ostdeutschland.

Während der Fußball-WM rechnen Schäuble und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, mit verstärkten Propaganda-Aktionen der Neonazi-Szene. Es seien verschiedene Aufzüge geplant, sagte Fromm. Dabei schließe man auch Solidaritätsaktionen deutscher Rechtsextremisten mit dem iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad nicht aus, der den Holocaust und das Existenzrecht Israels wiederholt in Frage gestellt hat.

Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, gab den Regierungen in Bund und Ländern sowie der Union eine Mitschuld an der Zunahme rechtsextremer Gewalt. „Diese Stimmungsmache der herrschenden Politik, von den Innenministern, hat mit dazu beigetragen, dass offenbar manche in diesem Land meinen, man könnte Menschen anpöbeln, bedrohen, man könnte sie verletzen oder gar töten.“

Auch die Debatte um so genannte No-go-Areas dauerte drei Tage nach dem mutmaßlich fremdenfeindlichen Überfall auf den Berliner Linkspartei-Abgeordneten Giyasettin Sayan an. Innenminister Schäuble versprach, der Staat werde sein Gewaltmonopol überall in Deutschland durchsetzen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) räumte ein, dass es Orte in der Haupstadt gebe, die unterschiedlich sicher seien. Er sicherte den Besuchern der WM zu, „dass wir alles tun werden, dass ihnen nichts passiert“. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), rief zur Ehrlichkeit gegenüber ausländischen Gästen auf. Man müsse ihnen sagen, dass sie besser in Kreuzberg oder Mitte als in Friedrichshain oder Marzahn feiern sollten. Der 56-jährige Linkspartei-Abgeordnete Sayan war am Freitagabend in seinem Wahlkreis Lichtenberg von Unbekannten schwer verletzt worden. Er wurde am Montag 90 Minuten lang vom Staatsschutz befragt. Dies sei schwierig gewesen, weil das Opfer „noch sehr angeschlagen und geschwächt“ sei, sagte ein Polizeisprecher. Nach dem Überfall war Sayan am Wochenende in einem Forum auf der offiziellen Internet-Seite der FDP in einzelnen Beiträgen verhöhnt worden. Die FDP hat die Beiträge jetzt gelöscht, die verantwortlichen Benutzer gesperrt,Strafanzeige wird geprüft.

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