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Politik: „Schamloses Treiben“

Möllemann empört die Opposition – und eigene Parteifreunde

Düsseldorf/Berlin. Mit scharfer Kritik hat der Zentralrat der Juden auf die jüngste Wahlwerbung von Jürgen Möllemann reagiert. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP ließ in dieser Woche an alle Haushalte Nordrhein-Westfalens ein Flugblatt verteilen, in dem Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, attackiert werden. „Dies ist ein weiterer Beweis, dass Möllemann mit seinen antisemitischen Äußerungen die Strategie verfolgt, im rechtsextremen Spektrum Stimmen zu sammeln“, sagte Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden, am Dienstag dem Tagesspiegel. Wer sich auf diese Weise im Endspurt des Wahlkampfs positioniere, „disqualifiziert sich für eine demokratische Wahl“, betonte Spiegel.

In dem Flugblatt mit dem Titel „Klartext. Mut. Möllemann“ wird behauptet, „Scharon lehnt einen eigenen Palästinenserstaat ab“. Der Ministerpräsident hatte sich jedoch im Frühjahr für einen Palästinenserstaat ausgesprochen. Weiter heißt es, „Michel Friedman verteidigt das Vorgehen der Scharon-Regierung. Er versucht, Scharon-Kritiker Jürgen W. Möllemann als ,anti-israelisch’ und ,antisemitisch’ abzustempeln“. Möllemann werde sich aber – „von diesen Attacken unbeeindruckt“ – weiter „für eine Friedenslösung einsetzen, die beiden Seiten gerecht wird“.

Möllemann hatte im Mai sogar behauptet, niemand habe den Antisemiten in Deutschland mehr Zulauf verschafft als Scharon und Friedman. Angesichts der folgenden öffentlichen Empörung äußerte der Politiker sein Bedauern gegenüber den „jüdischen Menschen“, nahm aber Friedman von der Entschuldigung aus.

Die neue Aktion erregt auch Unmut in der FDP. Das Flugblatt sei „zumindest unprofessionell“ sagte Martin Matz, Mitglied des Bundespräsidiums der Partei. Außerdem habe Möllemann das Präsidium nicht informiert. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Werner Hoyer nannte das Flugblatt „überflüssig und unsäglich“. FDP-Chef Guido Westerwelle meinte nur, es sei „nicht vernünftig“, die Frühjahrs-Debatte aufzuwärmen. Nach Ansicht von Harald Schartau, SPD-Landesvorsitzender in NRW, versucht Möllemann „im braunen Sumpf zu fischen“. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer bezeichnete Möllemanns Verhalten als „Entgleisung“. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte Westerwelle auf, sich vom „ schamlosen Treiben“ Möllemanns zu distanzieren. Frank Jansen

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