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Politik: Scharping, der "Illoyale"? Der Verteidigungsminister übt sich in Sprachlosigkeit

"Wie oft soll ich denn noch..

"Wie oft soll ich denn noch..." Nein, Rudolf Scharping sagt nichts. Jedenfalls nichts, das zu zitieren er erlaubte. So lässt sich nur ahnen, was in ihm vorgeht, als die Nachrichtenagenturen die ersten Meldungen der Abrechnung Oskar Lafontaines übermitteln. Ohne den Mann, dessen Herz so heftig links schlägt, dass seine alten Genossen es als Hiebe unter die Gürtelinie empfinden, wäre er nicht da, wo er jetzt ist.

Rudolf Scharping steht an der Bar im Offiziersclub des Luftwaffenstützpunktes Decimomannu auf Sardinien. Obwohl stark erkältet raucht er viel, neben ihm auf der Theke ein Grappa, Verdauungshilfe nach dem üppigen Abendmahl, das der italienische Commodore ihm und den anderen Gästen gegeben hat. Einen Journalistentross hat der Minister eingeladen, um ihm beizubringen, warum er nicht soviel sparen kann, wie Finanzminister Hans Eichel es verlangt.

Er hat sich dies Amt bekanntlich nicht ausgesucht - obwohl er sich vor der Bundestagswahl beträchtlich mit Verteidigungpolitik beschäftigt hatte. Fraktionsvorsitzender hatte er bleiben wollen. Aber da war der Mann vor, der ihm nun "Illoyalität" vorwirft. Scharping hat gekämpft, aber sich am Ende in sein Schicksal gefügt. Illoyal, ausgerechnet er? Es gärt in ihm. Die Journalisten hören nicht auf, zu fragen. Nein, keine öffentliche Replik auf Lafontaine. Aber vielleicht geht Scharping bei einem Schluck Grappa das Bild durch den Kopf: 1995 Parteitag in Mannheim. Keine Chance hatte er gegen den politischen Tornado namens Oskar. Er hätte es machen können, wie dieser später: ab und weg. Dann Abrechnung. Hat er nicht. Die Zusammenarbeit hat er angeboten, um einer Sache willen, die wichtiger ist als wir beide, Oskar. Den Satz hat er bestimmt nicht vergessen. Das gilt auch heute noch. Das ist die Grundlge der Zusammenarbeit mit Gerhard Schröder, der damals mit zu seinem Sturz als SPD-Chef beitrug. Aber beim nächsten Mal, das lässt sich wirklich nur vermuten, bei nächsten Mal wird er die Loyalität nicht bis zur Selbstaufgabe treiben. Runter mit dem Grappa.

Thomas Kröter

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