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Politik: Schaulaufen an der Heimatfront

Die Demokraten leisten Widerstand gegen Bushs Irakpolitik, stoppen wollen sie ihn aber nicht

Fast vier Jahre führen die USA Krieg im Irak, der wichtigste Schauplatz aber bleibt die Heimatfront. Im Abgeordnetenhaus mündete eine viertägige Redeschlacht am Freitagabend in eine Resolution gegen Präsident Bushs Truppenverstärkung. Auch einige Republikaner stimmten gegen Bushs Irakpolitik. Allerdings ist die Resolution nicht bindend. Der Senat tritt heute, an einem Samstag, zu einer Sondersitzung zusammen – die ultimative Symbolik, dass es um ein Thema von allerhöchster Bedeutung geht. Und George W. Bush gab in dieser Woche gleich mehrere Pressekonferenzen zu Iran, Irak, Afghanistan. Auch diese dichte Öffentlichkeitsarbeit des Chefs ist außergewöhnlich.

Es geht um die rhetorische Lufthoheit über die Außenpolitik. Was tatsächlich geschieht, entscheidet der Präsident. Der Kongress hat nur ein direktes Mittel, ihn zu stoppen: das Budgetrecht. Aber daneben ein indirektes – den Kampf um die öffentliche Meinung. Die Demokraten, die nun die Parlamentsmehrheit haben, sind entschlossen, es zu nutzen.

Am Dienstag hatte der Debattenmarathon im Haus begonnen. Jeder einzelne der 435 Abgeordneten, auch das passiert höchst selten, bekam fünf Minuten, das ergibt 36,25 Stunden reine Redezeit plus Zeitüberschreitungen, Eingreifen des Präsidiums sowie Pausen für Essen. An drei Abenden blieben die Volksvertreter bis nach Mitternacht.

Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi gab den Ton vor: Bush habe viel zu spät Druck auf die Iraker ausgeübt, selbst mehr Verantwortung für die Sicherheit zu übernehmen und den internen Streit zwischen Schiiten und Sunniten zu schlichten. Und er weigere sich, durch Verhandlungen mit Syrien und Iran den Nachschub für die Todesmilizen zu unterbinden. Gegen Bushs Begriff „surge“ (Welle) für die Verstärkung setzt sie das Vietnamwort „Eskalation“. Dann schickten die Demokraten den Veteranen Patrick Murphy ans Pult: Der Neuling aus Pennsylvania ist der einzige Abgeordnete, der im Irak gedient hat: „Zu Beginn hätten wir mehr Truppen gebraucht. Heute ist es falsch, noch mehr unserer besten jungen Leute ins Feuer zu schicken. Sie sterben in einem Bürgerkrieg.“

Die republikanische Führung ist gegen die Resolution. Sie sei ein gefährliches Signal an den Feind. Doch der Irakkrieg ist unpopulär, und im Herbst 2008 wird gewählt. Auch ein Drittel der Senatoren steht dann zur Wiederwahl an. Im Senat ist die demokratische Mehrheit knapp, 51 zu 49. Sieben konkurrierende Resolutionen liegen vor, bisher konnten sich Demokraten und Republikaner nicht mal einigen, welche davon debattiert werden sollen. So griff der neue Mehrheitsführer Harry Reid zur schärfsten Waffe: einer Samstagsitzung, die zudem ein „langes Wochenende“ zerstört. Montag ist Feiertag, President’s Day. Das schmerzt die Präsidentschaftskandidaten: Hillary Clinton, Barack Obama, Joseph Biden und John McCain müssen sorgfältig geplante Auftritte in Staaten mit frühen Vorwahlen wie New Hampshire und Iowa absagen.

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