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Krümmel

© dpa

Akw-Störfälle: Schlechte Ausstrahlung

Die Opposition im Kieler Landtag wirft der schwarz-roten Regierung Versagen bei der Atomaufsicht vor.

Wer das Landtagsgebäude in Kiel am Freitagmorgen betrat, musste sich erst einmal einen Weg durch demonstrierende Atomkraftgegner bahnen. Denn das Thema auf der Tagesordnung der 24. Plenarsitzung bewegt seit dem 28. Juni die deutsche Öffentlichkeit – die Ereignisse um das Trafofeuer im Kernkraftwerk Krümmel, die Schnellabschaltung im Meiler von Brunsbüttel sowie die Meldung weiterer Störfälle. Im Plenum des Landtags wurden aus den angesetzten 30 Minuten Aussprache am Ende 130 Minuten, so groß war der Gesprächsbedarf der Abgeordneten. Die Opposition von FDP und Bündnis 90/Grünen forderte gar den Rücktritt von Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), die für die Atomaufsicht die Verantwortung trägt.

Als um 12 Uhr Justizminister Uwe Döring (SPD) mitteilte, dass die Polizei im Kernkraftwerk Krümmel mit einem Beschluss des Amtsgerichtes Schwarzenbek aufgetaucht sei, wurde es nicht nur im Plenarsaal unruhig, sondern auch auf den Fluren des Hohen Hauses an der Förde. Dort hielt sich auch der Geschäftsführer von Vattenfall, Bruno Thomauske, auf, um die Debatte als Zuschauer zu verfolgen, die sich sehr intensiv auch um sein Unternehmen drehte.

Die politische Bewertung stockte zwischenzeitlich. Es lagen zwei Anträge vor: einer von Bündnis 90/Grünen und ein gemeinsamer von den Fraktionen der CDU/SPD-Regierung. Umstritten war vor allem, inwieweit Ministerin Trauernicht dem Parlament Rede und Antwort schuldet. Die Sitzung wurde unterbrochen, der Ältestenrat einberufen. Zuvor stand die „Ministerin für Reaktorvorfälle“ (Heiner Garg, FDP) bereits am Rednerpult und lieferte eine allgemeine Darstellung. Die Opposition befand dies als zu dürftig und forderte eine detaillierte Schilderung. Man verständigte sich, Trauernicht erneut vor das Mikro zu bitten. Zu diesem Zweck wird es trotz eigentlich anstehender parlamentarischer Sommerpause am kommenden Donnerstag eine Sondersitzung des Sozialausschusses geben, in dem ein weiterer Zwischenbericht aus dem Hause Trauernicht für mehr Klarheit sorgen soll. Ferner rückt die Thematik auf die Tagesordnung des Landtags im September.

Trauernicht selbst schürte in ihren Ausführungen neue Spekulationen, indem sie fragte, ob es bei dem Krümmel-Brand nicht doch Verletzte gegeben habe. Dies wies Vattenfall inzwischen zurück. Ansonsten listete sie die Vorgänge rund um die beiden Reaktoren chronologisch auf und unterstrich immer wieder, welchen Druck ihre Behörde auf den Betreiber ausgeübt habe.

Eben dieser Druck reicht den Grünen nicht. Fraktionschef Karl-Martin Hentschel forderte „Taten statt Worte“ und kürzere Fristen durch die Reaktoraufsicht gegenüber Vattenfall. Nach seiner Meinung hätte die Behörde intensiver ermitteln und nachfragen müssen. Dieser Auffassung schloss sich die FDP an und stellte die Frage, warum Trauernicht sich bis heute nicht selbst vor Ort ein Bild gemacht habe. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki konfrontierte Trauernicht damit, dass ihr Ministerium Anfragen aus dem Umweltministerium in Hannover nicht beantwortet haben soll. Als Beweis berief er sich auf den geführten Schriftverkehr zwischen beiden Ministerien, der ihm von seinem Parteikollegen Hans-Heinrich Sander, dem niedersächsischen Umweltminister, zur Verfügung gestellt wurde. Dieser Darstellung hatte das Kieler Sozialministerium bereits am Donnerstag widersprochen, womit nun Aussage gegen Aussage steht. Einig allerdings waren sich alle Fraktionen in ihrer Kritik an der Informationspolitik von Vattenfall.

Dieter Hanisch[Kiel]

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